Interview mit Michael Breidenbrücker, CEO von Senseforce„Aus den Daten die größtmögliche Wertschöpfung ziehen“
17. Juni 2021Datengestützte Servicemodelle im Bereich IIoT (Industrial Internet of Things) gelten als echte Win-Win-Strategie für Hersteller und Anwender von IIoT-Plattformen: Die einen profitieren von schnelleren Reaktionszeiten und höherer Maschinenverfügbarkeit, bei den anderen werden die Service-Teams entlastet. Der CEO von Senseforce, Michael Breidenbrücker, skizziert im Interview mit line-of.biz (LoB) weitere Vorteile.
LoB: Wie lassen sich mit der Senseforce-Plattform Maschinendaten erfassen, auswerten und visualisieren?
Breidenbrücker: Unsere Plattform verknüpft eine Maschine mit dem Internet und sorgt so dafür, dass der Maschinenbauer aus seinen Daten die größtmögliche Wertschöpfung ziehen kann. Wir bezeichnen unser System als eine Managed Industrial-IoT-Lösung, die sich auf Basis unserer End-to-End-Technologie-Komponenten um den gesamten Datenlebenszyklus kümmert. Dazu zählen nicht nur die Erfassung der Daten auf der Maschine und deren Management in der Cloud oder vor Ort, sondern auch die Verarbeitung und Reintegration der Daten in Drittsysteme wie ERP-Lösungen oder Ticketing-Systeme. Aber auch ganz normale Auftragsdurchläufe gehören dazu. Mit Hilfe der Senseforce-Tools kann sich ein Anwender seine individuellen Datenanwendungen bauen und eine große Anzahl spezifischer Use-Cases flexibel umsetzen.
LoB: Welche technischen Voraussetzungen sind dazu nötig?
Breidenbrücker: Die Senseforce Edge-Software lässt sich sehr leicht auf der existierenden Maschinensteuerung des Anwenders installieren und mit ihr verbinden. In sehr vielen Fällen ist dafür keine zusätzliche Technologie notwendig. Nachdem der Kunde die Edge-Software installiert hat, kann er sehr schnell erste Ergebnisse über die Senseforce-Plattform sehen. Die Tools dort sind ja sofort einsatzbereit.
LoB: Welche Möglichkeiten bietet die Kombination von Senseforce mit den Machine Learning- (ML-) und KI-Funktionen von Microsoft Azure?
Breidenbrücker: Mit den Senseforce-Tools können Kunden Daten sehr schnell erfassen, verarbeiten und in Applikationen umwandeln. Somit lassen sich sehr schnell Ergebnisse erzielen. Durch die Kombination mit Microsofts Technologien können unsere Kunden zusätzlich auf eine Vielzahl von sehr spezifischen Microsoft-Tools, zum Beispiel die ML-Tools, zugreifen und diese mit der Senseforce-Funktionalität verbinden. ML-Algorithmen werden ja oft in lokalen Environments, also nicht im Live-Betrieb durchgeführt, da sich die Data-Scientists die Modelle auf ihre Rechner runterladen. Von dort aus lassen sie sich mittels der Senseforce-Plattform über die ganze Maschinenflotte anwenden.
LoB: Wie können Betreiber von Maschinen in ihrer Produktionslinie mithilfe von Low-Code-Tools eigene digitale Datenprodukte konzipieren?
Breidenbrücker: Low-Code bietet ein visuelles Interface, mit dem der Anwender sehr einfach Funktionalitäten von Applikationen definieren kann. Damit können auch Nicht-Programmierer relativ komplexe Datenanwendungen selbst bauen und visualisieren. Die meisten Maschinenbetreiber und Maschinenbauer kennen zwar die Anwendungen, die sie gerne hätten, können aber nicht programmieren. Deshalb muss man denjenigen, die den Use-Case, die Maschine und den Kunden kennen, die Befähigung ermöglichen, solche Applikationen zu bauen. Die Low-Code-Umgebung von Senseforce zeichnet sich besonders dadurch aus, dass sie eine sehr große Funktionalität abdeckt und sich über die gesamte Anwendungskette von der Datenerfassung bis zur Datenauswertung erstreckt.
LoB: Welche Beispiele von gelungenen Anwendungsfällen können Sie aufzeigen?
Breidenbrücker: Wir haben mit dem Kranhersteller Künz einen Kunden in unserem Portfolio, der mit der Digitalisierung seiner Maschinen sehr weit fortgeschritten ist. Wir sehen dort Anwendungsfälle in verschiedensten Unternehmensabteilungen: im Service, in der Konstruktion, im Verkauf und sogar im Einkauf. Auf der Betreiberseite sehen wir, wie der Autozulieferer Hirschmann seine Produktion digitalisieren und optimieren konnte. Im Werkzeugmaschinenbau haben wir den Kunden Emco, der sein Servicegeschäft mittels unserer Plattform völlig revolutioniert hat. Auf Basis unserer IIoT-Plattform kann das Service-Team im Fehlerfall die gesamte Alarmhistorie seiner Kunden online einsehen und in Beziehung zu allen relevanten Maschinendaten setzen. Dies beschleunigt nicht nur die Fehleranalyse und Problembehebung erheblich, sondern ermöglicht auch proaktiven Service und vorrauschauende Wartung, bei der sich anbahnende Fehler bereits im Vorfeld erkannt werden. Diese Beispiele zeigen, dass IIoT-Projekte von Senseforce nicht nur die Qualität der Maschinen verbessern, sondern auch zu effizienteren Prozessen führen, wodurch sich letztlich Produktivität und Margen erhöhen.
Rainer Huttenloher