Power9-basierte Systeme kommen für AIX, IBM i und PowerLinuxBandbreiten-Monster für unternehmenskritische Anwendungen

25. Oktober 2018

Den zweiten Schritt hat IBM bei der Einführung seiner Power9-basierten Systeme vollzogen. Es kommen drei Serverlinien auf den Markt – alles Ein- oder Zweisockelsysteme mit bis zu 4 TByte Arbeitsspeicher. Diese Systeme sollen sich über die PowerVM-Virtualisierungsschiene als optimale Hardware für anstehende Migrationsaufgaben – etwa auf die neue Business Suite SAP S4/HANA – eignen.

Neunte Generation

Die Power9-Modellreihen, Quelle: IBM

Bereits im vierten Quartal 2017 hat IBM die ersten Systeme vorgestellt, die auf der Prozessorgeneration Power9 basieren. Das Gros der von Globalfoundries im 14-Nanometer-Herstellungsprozess fabrizierten CPUs ging an Großabnehmer wie Google. Zudem hatte IBM mit dem Servermodell HC922 ein System vermarktet, das speziell für den Bereich High Performance Computing (HPC) und für Anwendungen aus dem Segment der AI (Artificial Intelligence) konzipiert war.

Nun sind als erster Schritt in 2018 weitere Power9-basierte Scale-out-Server angekündigt, die für den Einsatz auf breiter Front gedacht und die für bestehende „Powerkunden“ mit Anwendungen auf den Betriebssystemen IBM i, AIX und PowerLinux interessant sind. Weitere Systeme sollen das Power9-Portfolio dann ab dem zweiten Halbjahr 2018 abrunden: die großen Enterprise Systeme. Ab Mitte 2018 wird – so der Plan – ein komplettes Power9-Portfolio zur Verfügung stehen.

Bei den Modellreihen mit Power9-Chip sind zunächst die S und L-Versionen zu nennen. Wie aus Power8 bekannt handelt es sich dabei um eine „Scale-Out“-Linie (die S-Modelle) sowie um „Linux-Only“-Maschinen (die L-Modelle). Zudem wurden noch die H-Modelle vorgestellt, die sich für den Einsatz von unternehmenskritischen Anwendungen wie zum Beispiel S/4 HANA eignen sollen.

Migrationskünstler

NVLink 2.0 bringt Vorteile, Quelle: IBM

Speziell im Umfeld der Migration auf S/4HANA sind Systeme gefragt, die zum einen die traditionellen Workloads (wie die alte SAP Business Suite) auf den Betriebssystemen IBM i oder AIX ausführen können und zudem in einer zweiten Partition neue Anwendungen – wie S/4 HANA unter PowerLinux – betreiben können. Typischerweise belegten die traditionellen Anwendungen von IBM i-Anwendern nur wenige Prozessorkerne. Daher hat man bei IBM vorgesehen, einen „möglichst günstigen Mischbetrieb“ zu erlauben. Dabei können zum Beispiel bis zu 25 Prozent der vorhandenen Prozessorkerne eines Power9-basierten H-Modells mit IBM i- oder AIX-Anwendungen belegt und der Rest für neue Anwendungen auf PowerLinux vorgesehen werden. Diese Konstellation soll besonders gut für anstehende Migrationsvorhaben im SAP-Umfeld geeignet sein. Dazu müssten die Anwender entsprechende virtuelle Maschinen angelegt haben, und diesen VMs werden dann die nötigen Cores zugewiesen.

Bei der prozessoreigenen Power9-Technologie handelt es sich um ein regelrechtes Bandbreiten-Monster mit einer maximalen Übertragungsrate auf dem Chip von 7 TByte/s. Speziell in Richtung HPC und Cognitive Computing sind Acceleratoren gedacht. Allerdings könnten mit diesen Einheiten auch Anwendungen von Software-Hersteller zusätzlich beschleunigt werden, wenn die neuen Prozessor-Features – wie zum Beispiel eine hardware-gestützte Verschlüsselung – entsprechend ausgenutzt (neu kompiliert) werden. Angekündigt sind in diesem ersten Schritt Ein- und Zweisockel-Systeme, deren Prozessoren über mindestens 4, maximal 12 Kerne verfügen.

Dabei agieren die Prozessoren mit der „optimalen Frequenz“: Es wird nicht mehr eine feste Taktfrequenz für den Prozessor vorgegeben, sondern es wird eine Ober- und eine Untergrenze angeben. Dazwischen wird sich die Taktung einpegeln – abhängig von der Last. Das optimiert der Chip selbst. Falls gewünscht, lässt sich auch die maximale Performance einstellen. Allerdings wird Chip damit sehr heiß und das System lauter, denn die Lüfter drehen entsprechend hoch. Die Einstellung erfolgt systemweit; die einzelnen Kerne werden von den jeweiligen Prozessor gesteuert.
Um die Preise in den Einsteigersystemen möglichst gering zu halten, kommen Standard-DIMMs in den Scale Out-Maschinen zum Einsatz – dazu sind acht direkte DDR4-Ports für die 1- und 2-Sockelsysteme vorhanden. Die künftigen Scale-Up-Systeme werden allerdings weiterhin gepufferte DIMMS verwenden.

Eine deutliche Beschleunigung gegenüber den Vorgängersystemen, die auf Power8 basieren, aber auch gegenüber der x86-Architektur reklamiert IBM für die neue Servergeneration: Es sollen im Vergleich zur x86-Architektur viermal mehr Threads pro Core laufen, die chipinterne Bandbreite ist laut IBM fünfmal so hoch wie bei x86 und zudem soll es eine zweifach so hohe Bandbreite zum DRAM-Speicher geben als bei aktuellen x86-basierten Systemen. Verbesserungen im Ein-Ausgabebereich und in der Kommunikation zwischen CPUs und GPUs (Grafikprozessoren) sind über NVLinks 2.0 zu vermelden – dabei nutzt das System Ports, die bis zu 25 GBit/s übertragen können.

Experten bei IBM sprechen davon, dass diese Power9-basierten Systeme für das AI-Zeitalter entwickelt seien. Denn bei Anwendungen aus dem Bereich der AI und neuronalen Netze ist Großteil der Zeit für die Inbetriebnahme für die „Trainingszeit“ aufzuwenden. Über Versuch und Irrtum lernt das System. Dabei lautet das Ziel: Die Erkennungsrate muss möglichst hoch und Fehlerrate möglichst klein sein. Diese Zeit gilt es zu verkürzen, denn daraus leitet sich ein früherer Einsatz der Lösung im Produktivbetrieb ab und somit ein schnellerer ROI (Return On Investment).

Für Artificial Intelligence

Quelle: IBM

Dabei ist es sehr wichtig, dass das System möglichst schnell mit den relevanten Daten gefüttert wird. Hier spielt die Bandbreite zwischen Arbeitsspeicher und Prozessorkern, aber auch die Bandbreite in Zusammenarbeit mit den GPUs eine entscheidende Rolle – und die Ports mit NVlinks 2.0 bringen hierbei eine Beschleunigung. Auf der Intel-Architektur werden zwar die gleichen GPUs angesprochen, aber eben nicht über so schnelle Datentransfer-Kanäle: Auch bei der Kommunikation von GPU zu GPU kann der NVLink 2.0 seine Vorteile ausspielen.

Bei der Power8-Generation kamen noch in erster Linie Dual-Chip Module zum Einsatz. Beim Power9 sind es nun Singlechip-Module. Damit wird der Austausch von Informationen zwischen den Cores schneller, denn sie müssen den Chip selbst nicht mehr verlassen und die chipinterne Bandbreite ist hoch genug.

Um für unternehmenskritische Anwendungen gerüstet zu sein, sind bei den neu vorgestellten Systemen die folgenden Merkmale gegeben: Die maximale Arbeitsspeicherausstattung mit bis zu 4 TByte DRAM passt gut zu Anforderungen, wie sie Anwendungen stellen, die auf In-Memory-Datenbanken wie HANA basieren. Eine NVMe-Unterstützung lässt es zu, dass Flash als interner Speicher mit bestellbar ist. Es fehlt allerdings ein eingebautes DVD-Laufwerk. Allerdings gibt es für IBM i (seitens des Betriebssystems) noch die Einschränkung, dass das Betriebssystem selbst nicht via NVMe booten kann.

Einige Systeme verfügen über eine PowerVM-Enterprise-Lizenz. Damit können Anwender die anstehenden Migrationsaufgaben mit Hilfe der Live Partition Mobility abwickeln und diese Umstellung bei laufender Maschine abwickeln. Speziell im IBM i-Umfeld müssen die Betriebssystemversionen IBM i 7.2 und 7.3 zum Einsatz kommen. Um möglichst alle Features der für Power9-Architektur ausnutzen zu können, ist der Technology Refresh 4 (TR 4) für IBM i 7.3 nötig.

Rainer Huttenloher

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