Interviewleitfaden für Vorstellungsgespräche
30. Oktober 2017Bewerber sind heute gründlich auf Gespräche vorbereitet und erwarten das Gleiche von den Personalverantwortlichen. Zu einer optimalen Vorbereitung auf Unternehmensseite gehört die Erstellung eines Interviewleitfadens. „Ein umfassender Gesprächsleitfaden optimiert die Kandidatenbefragung“, erklärt Stefanie Bührer, HR-Consultant bei der Haufe Group. „Ideal ist es, das Gespräch in mehrere Themenbereiche zu unterteilen. So kann man sicher sein, dass nichts Wichtiges ausgelassen wird.“
Für Bewerber ist ein Jobinterview keine alltägliche Situation, denn der Verlauf des Gesprächs kann seinen beruflichen Lebensweg nachhaltig beeinflussen. Es ist also normal, dass Kandidaten nervös in das Gespräch starten, und es ist die Aufgabe des Interviewers, seinem Gegenüber diesen Stress zu nehmen. Nur so lässt sich eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre herstellen, in der der Kandidat bereit ist, sich zu öffnen und sich authentisch zu präsentieren. Das Gespräch startet also idealerweise mit etwas Smalltalk, bevor die eigentliche Vorstellungsrunde beginnt. Hier stellt der Interviewleiter sich und seine teilnehmenden Kollegen kurz vor und erläutert auch deren Aufgabe im Unternehmen sowie den Grund für ihre Teilnahme am Interview. Nach der Kontaktphase beginnt in vielen Unternehmen das Gespräch mit einer Präsentation der Firma und der zu besetzenden Position. Erst im Anschluss daran erfolgt die Darstellung des Bewerbers. Im Sinne einer umfangreichen Informationsgewinnung ist dieses Vorgehen allerdings nicht zu empfehlen.
In der Gesprächsführung erfahrene Kandidaten haben es anhand der erhaltenen Informationen über Unternehmen und Position leicht, ihre eigenen Aussagen an das, was sie gehört haben, anzupassen. Der Bewerber kann sich selbst entsprechend der gehörten Anforderungen „verkaufen" und mit einer geschickten Selbstdarstellung seine etwaigen Defizite verdecken. Deshalb ist es sinnvoller, den Kandidaten kurz seine Kenntnisse über das Unternehmen darstellen zu lassen. Damit wird gleich deutlich, wie gut sich der Bewerber auf das Gespräch vorbereitet hat und ob er über entsprechende Marktkenntnisse verfügt. Anschließend korrigiert oder ergänzt der Personalverantwortliche die Informationen zum Unternehmen, damit jeder mit dem gleichen Kenntnisstand in die nächste Phase des Gesprächs starten kann.
Im nächsten Schritt geht es darum, den Bewerber und seine Kompetenzen kennenzulernen. Keine leichte Aufgabe, denn Kandidaten sind dank des Studiums einschlägiger Literatur bestens auf die Gespräche vorbereitet und nutzen verschiedene Strategien, um einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen. Ganz wesentlich ist es herauszufinden, warum der Kandidat sich auf die offene Stelle beworben hat. Sind es persönliche Gründe, die Arbeitsaufgaben, oder möchte sich der Bewerber weiterentwickeln? Vorsicht ist geboten, wenn der Kandidat aufgrund von Problemen mit Kollegen oder Vorgesetzten einen neuen Arbeitgeber sucht. Möglicherweise treten die gleichen Schwierigkeiten eine gewisse Zeit nach dem Wechsel auch im neuen Umfeld wieder auf.
Auch eine Reihe von Kompetenzen und positiver Eigenschaften können sich Kandidaten in ihrer Vorbereitung zurechtlegen. Ob der Kandidat dann tatsächlich über die genannte Eigenschaft verfügt lässt sich am besten herausfinden, indem man ihn bestimmte Arbeitssituationen beschreiben lässt, in denen sich diese Kompetenzen als hilfreich erweisen haben. Noch schwieriger wird die Ermittlung der Defizite und Schwächen eines Kandidaten, denn hier kann niemand eine ehrliche Antwort auf die direkte Frage erwarten. Mit etwas Fingerspitzengefühl und einer subtilen Fragetechnik, können sich Recruiter allerdings einen Eindruck über die negativen Seiten ihres Gegenübers verschaffen. Fragen wie: „Nennen Sie bitte persönliche Bereiche, in denen Sie noch an sich arbeiten wollen“ sind eine Möglichkeit, sich dem heiklen Thema zu nähern.
Spezielle Aufgaben fordern spezielle Fähigkeiten. Ein idealer Kandidat für eine Führungsposition ist in der Lage, seine Mitarbeiter zu motivieren und sie für die Ziele des Unternehmens zu begeistern. Außerdem sollte er erkennen, welche Aufgaben er delegieren kann und welche Bereiche seinen persönlichen Einsatz erfordern. Recruiter müssen also herausfinden, ob der Kandidat in der Lage ist, Menschen zu führen und Verantwortung abzugeben. Idealerweise kann der Bewerber auch hier wieder ein Szenario beschreiben, wie er in der Vergangenheit mit einer kniffligen Situation im Team umgegangen ist.
Auch Vertriebsmitarbeiter haben eine besondere Stellung im Unternehmen: Sie repräsentieren das Unternehmen nach Außen und tragen Umsatzverantwortung. Neben einem korrekten Auftreten und einer erhöhten Stressresistenz, brauchen Vertriebsmitarbeiter vor allem ein feines Gespür für den Umgang mit Menschen. Mit der Frage „Was war Ihr größter Verkaufserfolg?“ kann der Interviewer ermitteln, was den Bewerber im Vertrieb motiviert und mit welchem Nachdruck er seine Ziele verfolgen wird.
Nachdem der Bewerber einen Eindruck von seiner Person gegeben hat, bekommt er alle Informationen über die zu besetzende Position und die damit verbundenen Aufgaben. Ehrlichkeit hat dabei oberste Priorität: Nur so kann der potentielle Mitarbeiter sich ein Bild darüber verschaffen, ob das Arbeitsumfeld und die Position zu seinen Vorstellungen passen. Informationen, die nur teilweise der Realität entsprechen, oder Versprechungen, die nicht sicher eingehalten werden können, führen unter Umständen dazu, dass der Bewerber unter falschen Voraussetzungen die neue Position antritt. Das kann Enttäuschungen, Demotivation, verminderte Leistung oder sogar eine Kündigung zur Folge haben. Zum Abschluss werden die wichtigsten Punkte des Gesprächs zusammengefasst und der Kandidat über die nächsten Schritte im Auswahlprozess informiert. Außerdem sollte er erfahren, wann er mit einer konkreten Nachricht rechnen darf. (rhh)
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