So macht der Mittelstand sich und seine Systeme fit für Industrie 4.0Anbauen, umbauen, neu bauen

4. April 2019

Die deutsche Wirtschaft verschläft die Digitalisierung – so der Tenor vieler Fachdiskussionen. Aber stimmt das wirklich? Eine Studie des Analystenhauses Pierre Audoin Consultants (PAC) Deutschland in Kooperation mit dem ERP-Hersteller proALPHA ist dem Status quo auf den Grund gegangen. Sie zeichnet ein differenzierteres Bild.

71 Prozent der Mittelständler haben bereits Industrie 4.0-Projekte gestartet oder sogar schon erste Maßnahmen abgeschlossen – zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle PAC-Studie. Die meisten Unternehmen in Deutschland sind also mittendrin in der Digitalisierung. Dennoch geht es nicht so rasch voran, wie mancher sich dies wünschen würde.

Als Ursache dafür haben die Analysten von PAC unter anderem alte und starre IT-Infrastrukturen ausgemacht. Im Zentrum der Digitalisierungsinitiativen steht das ERP-System und diese unternehmenskritische Software lässt sich nicht über Nacht austauschen oder umbauen.

Industrie 4.0-taugliches ERP muss Integration und Datenanalyse beherrschen

Für die Mehrheit der von PAC befragten Mittelständler, für 65 Prozent, hängt der Erfolg ihrer Industrie 4.0-Projekte direkt von einem modernen ERP-System ab. Um eine smarte Produktion effizient zu unterstützen, muss die Software eine Reihe unterschiedlicher Anforderungen bedienen.

  • Für 62 Prozent der Befragten ist die Integration von bereichsübergreifenden Prozessen entscheidend, um den Austausch von Daten effizienter zu machen und die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen zu verbessern. Wie dies gelingen kann, zeigt SPT Roth. Das Schweizer Unternehmen fertigt Small Precision Tools (SPT) in Klein-, Mittel- und Großserien, montiert Baugruppen und fertigt Spritzguss-Werkzeuge. Entsprechend komplex sind die Planungen. Koordiniert werden sie mit proALPHA Advanced Planning & Scheduling (APS). Für den Datentransfer zwischen Arbeitsvorbereitung und Produktion wurden Betriebsdatenerfassung (BDE) und ERP miteinander vernetzt. Durchgängig ist auch der Datenfluss zwischen CAD-Konstruktion und ERP-System.
  • 48 Prozent nannten die Fähigkeit zur Datenanalyse, inklusive Predictive Maintenance. Vorausschauende Wartung ist auch in der Industrie 4.0-Strategie von KLAUS Multiparking ein Kernbaustein. Der Betreiber von Parksystemen hat einen Prototyp implementiert, über den die Anlagen fehlerfrei mit dem ERP-System „sprechen“ können. Gelungen ist dies mithilfe der Integration Workbench (INWB) von proALPHA, welche Systeme miteinander vernetzt und Prozessketten schließt.
  • Ebenfalls 48 Prozent sahen die Vernetzung der Shopfloor-Ebene mit dem ERP-System als sehr wichtig an. Fertigungsmaschinen, deren Steuerung und Maschinendatenerfassung müssen an ein ERP-System angebunden sein, das Fertigungsplanung und Materialwirtschaft übernimmt. Umgesetzt hat dies die Günther Spelsberg GmbH + Co. KG. Die Firma ist Spezialist für Elektroinstallations- und Gehäusetechnik und arbeitet mit einem Prototyp zur Ansteuerung von Produktionsmaschinen aus dem ERP-System. Er läuft auf zwei Maschinen. Die eine kennzeichnet Gehäuse und setzt Stopfen ein. Die zweite montiert, ERP-gesteuert, Schrauben. Der Produktionsfortschritt wird automatisch an das ERP-System gemeldet, sodass dieses die Fertigung auf Basis von Echtzeitdaten steuert.
  • Lediglich 29 Prozent stuften die Integrationsmöglichkeiten für IoT-Daten und -Plattformen als bedeutend ein.
  • 19 Prozent nannten den Betrieb in der Cloud als wichtig.
  • Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Automatisierung von Prozessen bildete mit 14 Prozent das Schlusslicht des Anforderungskatalogs.

Starre Systeme und Datensilos wirken also wie ein Bremsklotz auf die Transformationsdynamik. Die Unternehmen fahren quasi mit angezogener Handbremse in ihre digitale Zukunft. Keine gute Ausgangslage. Deshalb wollen viele Firmen ihre ERP-Systeme modernisieren.

Von Verschlankung bis Kompletttausch – die Strategien

Laut PAC planen zwei von drei Fertigungsunternehmen aus dem Mittelstand eine umfassende Modernisierung ihrer ERP-Landschaft. Dabei verfolgen die Mittelständler für die nächsten 24 Monate ganz unterschiedliche Strategien, teils auch parallel:

  • Ergänzung: 23 Prozent wollen mit einem neuen System Bestehendes erweitern.
  • Teil-Ablöse: 34 Prozent planen, eine Alt-Anwendung durch eine modernere Teillösung abzulösen. Diesen Schritt ist die Schweizer Pavese AG bereits gegangen. Pavese fertigt Präzisionsteile für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie die Medizintechnik. Installiert war ein ERP-System, das die Anforderungen der hochautomatisierten Produktion nicht mehr erfüllte. Deshalb entschied Pavese sich für eine moderne ERP-Komplettlösung. Diese ist hoch flexibel, skalierbar und bildet nun alle Geschäftsprozesse ab: von der Finanzbuchhaltung über die Produktion bis zum Reporting.
  • Verschlankung: 44 Prozent gaben an, sie wollten die Gesamtzahl ihrer Geschäftsanwendungen reduzieren. Mit diesem Ziel investierte auch die Punker GmbH in eine ERP-Komplettlösung. Bis dahin hatte der Hersteller von Lüfterrädern mit einer komplexen Systemlandschaft zu kämpfen. Diese bestand aus einem kleinen ERP, an das Systeme von diversen Softwareanbietern angebunden waren – etwa für die Produktionssteuerung, Finanz- und Anlagenbuchhaltung oder das Dokumentenmanagement. Die vielen Systeme, Partner und Schnittstellen erzeugten hohen Aufwand. Deshalb führte Punker ein modernes ERP-Komplettsystem ein und profitiert seitdem von einer voll integrierten Infrastruktur.
  • Ausbau: 69 Prozent planen, bestehende ERP- beziehungsweise Business-Software um einzelne Funktionalitäten oder Bausteine zu erweitern. Ausbaufähigkeit ist daher ein Muss. Welche Chancen sie bietet, zeigt Keller & Kalmbach – ein Lieferant für Verbindungs- und Befestigungstechnik. Seit 2009 arbeitet die Firma mit einer ERP-Lösung von proALPHA, die heute alle Geschäftsprozesse abdeckt: den Einkauf, die Materialwirtschaft, den Vertriebsprozess und seit 2018 auch das Finanzwesen. Dafür wurde das ERP-System immer wieder an die Bedürfnisse des Großhändlers angepasst – mit einer Reihe von Anwendungen und Drittsystemen, die über die Integration Workbench optimal eingebunden sind.
  • Kompletttausch: 16 Prozent werden innerhalb von zwei Jahren vollständig auf ein anderes ERP-System umsteigen, um ihre Industrie 4.0-Pläne realisieren zu können.

Die Ergebnisse der Studie von PAC und proALPHA zeigen: Die Strategien sind so unterschiedlich wie die Unternehmen. Und ein großer Teil der Mittelständler hat sich bereits auf den Weg gemacht. Für alle anderen heißt es: Die Wartezeit ist vorbei, denn die Digitalisierung ist in vollem Gange. (rhh)

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