SAP kündigt Business-Technology-Platform-Umgebung Neo abDSAG fordert Migrationsszenarien von SAP Neo zu Cloud Foundry
16. Juni 2023SAP hat angekündigt, die SAP-Business-Technology-Platform-Neo-Umgebung bis Ende 2028 einzustellen. Die SAP BTP, Multi-Cloud-Umgebung (Cloud Foundry) und ihre Services – seit Mitte 2020 bereits die strategische Architektur der Business Technology Platform (BTP) – wird damit ab 2029 die alleinige Option für die Nutzung der BTP.
Die Business Technology Platform basiert auf einer moderneren Cloud-Architektur und bietet neben den BTP-Services erweiterte Optionen zur Entwicklung von Cloud-Anwendungen. Aus Sicht der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) kommt diese Abkündigung nicht überraschend. Eine Forderung des Industrieverbands lautet jedoch, dass SAP nun sicherstellen muss, dass eine reibungslose Migration für die Anwenderunternehmen von Neo auf Cloud Foundry möglich wird.
SAP Neo wurde eingeführt, um Erweiterungen in der Cloud zu entwickeln, Services bereitzustellen und Prozesse zu automatisieren. SAP Cloud Foundry, um u. A. Multi-Cloud-Ansätze zu bedienen. „Durch die eindeutige Ausrichtung auf Multi-Cloud-Umgebungen ist Cloud Foundry gezielter auf die Anforderungen moderner IT-Landschaften ausgerichtet als Neo“, sagt Sebastian Westphal, DSAG-Technologievorstand.
„Die BTP stellt die beiden Umgebungen Neo und Cloud Foundry parallel zur Verfügung. An dieser Koexistenz scheiden sich die verantwortlichen Cloud-Architekten nun schon seit einigen Jahren. Die Anwenderunternehmen fragen sich, für welche Plattform sie sich entscheiden sollen. Wer sich in den letzten Jahren erstmals mit der SAP Business Technology Platform beschäftigt hat, für den war Cloud Foundry ohnehin erste Wahl, da es als neueres Environment mehr Möglichkeiten bietet“, ordnet der DSAG-Experte ein. Zudem wurde bereits deutlich, dass der Software-Hersteller Innovationen und neue Services langfristig nur noch in Cloud Foundry umsetzen wird.
Die DSAG-Sicht ist klar: Für die künftige IT-Architektur von Unternehmen ist Cloud Foundry im Rahmen der Business Technology Platform (BTP) von elementarer Bedeutung. „App-Erweiterungen, die den SAP-Standard um zusätzliche Funktionalitäten ergänzen, werden auf der BTP umgesetzt. Cloud Foundry ist als Umgebung erforderlich, um Erweiterungen zu entwickeln, Integrationen zu realisieren und User-Experience-Services bereitzustellen“, so Sebastian Westphal.
DSAG begrüßt Klarheit hinsichtlich des End-of-Life-Datums
Grundsätzlich ist es richtig und gut, dass nun Klarheit herrscht und die Anwender ein eindeutiges, hinreichend dimensioniertes End-of-Life-Datum erhalten haben, um die entsprechenden Migrationen zu realisieren. Denn schon heute ist aus DSAG-Sicht der Weg in die Zukunft der Multi-Cloud-Ansatz. Alle neuen Services wie Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen oder die intelligente Prozessautomatisierung werden der Multi-Cloud-Umgebung hinzugefügt, ist sich die Interessenvertretung sicher.
Kritisch ist die SAP-Entscheidung aus Sicht der DSAG jedoch für Unternehmen, die aktuell Neo-Services nutzen, die es auf der Cloud-Foundry noch nicht oder nicht mehr geben wird. „Zudem gilt: Je umfangreicher die bereits realisierten Inhalte auf Neo sind, umso komplexer und teurer ist die Migration. Durch die Komplexität dieser Prozesse auf der Neo-Umgebung wird es aufwendig, eine Migration so zu planen, dass die Auswirkungen auf den Betriebsablauf möglichst gering sind. Das kostet viel Planungszeit und Ressourcen.“, so Sebastian Westphal.
Neo-Business-Services mit identischem Funktionsumfang auf Cloud Foundry gefordert
Zudem stellt sich die Frage, wie Business-Applikationen, die auf der Neo-Umgebung entwickelt und implementiert wurden, sauber auf Cloud Foundry übertragen werden können. SAP plant zwar, entsprechende Tools bereitzustellen, um die Migration zu unterstützen und zu verbessern, was die DSAG sehr begrüßt.
Es gilt aber im Auge zu behalten, welche Services sich gleichwertig migrieren lassen bzw. weiterentwickelt und welche Technologien dafür bereitgestellt werden. Aus Sicht der Anwendervereinigung muss es das Ziel sein, alle Neo-Business-Services mit identischen Leistungsmerkmalen auf Cloud Foundry bereitzustellen.
Standardisierte Migrationsservices notwendig
Aktuell bietet SAP den Kunden noch keine dedizierten Migrationsservices, um entsprechende Lösungen wie die Integration Suite oder Business-Services auf Cloud Foundry konsolidieren zu können. „Für einen reibungslosen Übergang sollte jedoch ein standardisiertes Set an Migrationsservices bereitgestellt werden, wie es z. B. für den Übergang von der Process Integration/Process Orchestration (PI/PO) auf die Integration Suite angeboten wird, um die Unternehmen maximal zu unterstützen.
Denn insbesondere bei komplexen Integrationsszenarien auf der ehemaligen SAP Cloud Platform Integration (SAP CPI) wird sicher mit einem hohen internen Umstellungsaufwand zu rechnen sein“, so Sebastian Westphal. Für die Applikations-Services muss SAP zudem sicherstellen, dass die Migration der Services komplett automatisiert erfolgen kann. Das ist notwendig aufgrund der hohen Abhängigkeit kritischer Geschäftsprozesse, wie z. B. der SAP-Document-and-Reporting-Compliance-Services oder der SAP Multi Bank Connectivity (SAP MBC) im Finanzbereich der Unternehmen.
Keine doppelten Kosten
Zudem ist ein kommerzieller Punkt zu klären: Die Neo-Umgebung kann erst nach einer gelungenen Migration abgeschaltet werden. „SAP sollte eine kostenneutrale Abrechnung gewährleisten. Sowohl für NEO und auch Cloud Foundry entstehen Kosten aufgrund des Parallelbetriebs der Services und der Testaufwände durch die herstellerseitigen Migrationsvorgaben“, sagt der DSAG-Technologievorstand. (rhh)