Kardinalfehler bei der ERP-Einführung vermeidenERP-Einführung als Change Management-Projekt begreifen

15. März 2024

Wer bei der Einführung eines neuen ERP-Systems alle Verbesserungsmöglichkeiten für seine Organisation umsetzen möchte, der sollte dieses Vorhaben als ein Change Management-Projekt begreifen. Zudem sollten die „Kardinalfehler“ bekannt sein – und umschifft werden.

Die zentralen Faktoren erfolgreicher ERP-Einführungen sind hinreichend bekannt: Passgenaue branchenspezifische Funktionen, ein durchdachter Implementierungsplan, eine stimmige Chemie zwischen den Projektteams – das alles gehört zum kleinen Eimaleins.

Doch vorausplanen lassen sie sich kaum, zu oft kommt dem schönsten Plan die Praxis in die Quere. Und dort warten mitunter zahlreiche Hürden: vom

unerwarteten Widerstand aus den Reihen der Mitarbeiter über Projektaufwände jenseits der verfügbaren Ressourcen bis hin zu einem fehlenden Blick über den IT-Tellerrand hinaus.

Akzeptanz der Nutzer

Die seit Jahren etablierten und von allen Mitarbeitern gut bekannten Abläufe stehen auf dem Prüfstand, wenn es darum geht, ein neues ERP-System für eine Organisation einzuführen. Resultat: „Müssen wir das ändern? Warum neu, es hat doch bisher auch gut funktioniert? – diese Wiederstande sind nur allzu häufig vorzufinden. Verstärkt wird das noch durch Befürchtungen, dass man was Neues lernen muss, dass die neuen Abläufe nicht so recht passen oder dass es gar zum Verlust des Arbeitsplatzes führt, wenn mit dem neuen ERP-System der versprochene Effizienzgewinn erzielt wird.

Dieser Widerstand gegen Veränderungen erschwert die Einführung des Systems und verursacht ineffiziente Abläufe in Großhandelsunternehmens. Unternehmen werden daher bei der Einführung eines ERP-Systems vor die Herausforderung gestellt, eine transparente Kommunikation zu schaffen, um die Anliegen der Mitarbeiter zu klären und ihre aktive Beteiligung zu fördern.

Bei der ERP-Einführung gibt es typische Fehler, die Unternehmen immer wieder und teils unbewusst begehen, auch wenn ihnen die möglichen Fallen oberflächlich bekannt sind. Deshalb kommt Beratungshäusern die Aufgabe zu, die blinden Flecken in ERP-Projekten gemeinsam mit den Unternehmen auf allen Ebenen auszuleuchten, vom Management über Fachabteilungen bis zur IT.

Mangelnde Unterstützung

Werden die Anwender des neue ERP-Systems nicht bereits im Vorfeld überzeugt, kommen immer wieder Nachfrage auf, die das Projekt zumindest verlangsamen. In der Folge wird dann häufig noch über das System an sich diskutiert, die Mehrwerte der neuen Lösung treten in den Hintergrund. Von Umsetzungsstufe zu Umsetzungsstufe gerät der Fortschritt ins Stocken, Aufgaben werden nicht mehr zur geplanten Deadline erledigt, bis das Projekt im schlimmsten Fall vollständig zum Erliegen kommt.

Die Gründe für eine solche Entwicklung sind vielfältig und reichen von der Angst der eigenen Ersetzbarkeit über Generationenkonflikte bis hin zu Gefühlen der Eifersucht und Überlastung. Gerade hier kommt es wieder auf das Fingerspitzengefühl der Teamleiter und deren Coaching-Kompetenz an.

Einstufung als reines IT-Projekt

Die Einführung eines ERP-Systems gehört zur Kür eines erfolgreichen IT-Teams – und doch begehen viele Unternehmen den Fehler, ein solches Projekt als primär oder sogar ausschließlich technisches Vorhaben zu begreifen und im Zuge dessen die Verantwortung für den Projekterfolg auf den Schultern der IT abzuladen. Dabei lehrt die Erfahrung, dass die Hauptverantwortung bei Experten aus den Fachabteilungen liegen sollte, die praktische Abläufe kennen und Prozesse als Ganzes verstehen.

Der Projektleitung kommt daher die Aufgaben zu, diese Verantwortung zu konkretisieren, Abstimmungen im Sinne einer reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Fach- und IT-Abteilungen zu managen oder bei Bedarf auch einen externen und dadurch neutralen Projektleiter zur Unterstützung des Projekts zu bestellen.

Anpassung der Geschäftsprozesse

Es gibt keine bessere Gelegenheit für eine Generalüberholung der eigenen Geschäftsprozesse als eine ERP-Einführung. Ein solches Projekt erfordert von vorherein eine tiefgehende Beschäftigung mit den eigenen Abläufen inklusive einer kritischen Hinterfragung ihrer Effizienz.

Doch damit Unternehmen diese Chance erfolgreich wahrnehmen können, kommt es auf ein professionelles Change Management an. Um alte Zöpfe erfolgreich abzuschneiden und die Anwender auf allen Ebenen als Sponsoren des Wandels zu gewinnen, sollten Projektverantwortliche bei Bedarf auf externes Know-how zum Management von Veränderungsprozessen setzen. Auch eine hohe Branchenexpertise des Implementierungspartners kann helfen, unnötige Aufwände zu vermeiden.

Mangelnde Unterstützung des Top-Managements

Ein neues ERP-System muss her – eine Entscheidung des Managements, das auf dieser Basis Kosten- und Zeitpläne definiert. Und sich dann aus dem Projekt zurückzieht. Dabei wäre die Unterstützung des Managements auf nahezu allen Projektstufen von zentraler Bedeutung.

Dies beginnt bereits beim Verständnis einer ERP-Einführung als Organisationsprojekt mit großen Auswirkungen auf die Prozesse sowie der realistischen Einschätzung der erforderlichen und verfügbaren Ressourcen und reicht bis zur aktiven Beteiligung des Managements an den regelmäßigen Treffen des Projektteams. Eine gute Möglichkeit, einen reibungslosen Projektablauf zu fördern, besteht für das Management unter anderem darin, Mitarbeiter durch Incentives für erfolgreiche Meilensteine zu belohnen.

Unzureichende Ressourcen

Welche Ressourcen sind tatsächlich für ein ERP-Projekt erforderlich? Wie lassen sich diese entsprechend einplanen? Bestehen überhaupt ausreichend Kapazitäten in den einzelnen Fachbereichen, das ERP-Projekt parallel zum Tagesgeschäft zu realisieren? Über all diese Fragen sollten sich Unternehmen bereits vor Projektbeginn umfassend Klarheit verschaffen, denn nicht zu selten werden die erforderlichen Aufwände in der Praxis schlichtweg unterschätzt.

Hier können Expertise und Erfahrungswerte des Implementierungspartners helfen, der bei der Kapazitätsplanung aktiv unterstützen und neben vielen weiteren Faktoren insbesondere das Verhältnis zwischen verfügbaren Ressourcen und Projektaufgaben managen helfen kann. Dafür ist besonders entscheidend, dass Berater und Kunden dieselbe, oftmals sehr branchenspezifische Sprache sprechen.

Nach dem „Go Live“

Ein kritischer Aspekt das Support-Konzept nach dem „Go Live“ einer ERP-Implementierung. In vielen Fällen wird das Projekt bis zu diesem Zeitpunkt bestens gemanaged und alle technischen und organisatorischen Aspekten Bedacht. Doch es geht auch darum, eine langfristige Betreuung nach dem eigentlichen Start zu garantieren.

Oft fallen Unternehmen ohne ein fundiertes Support-Konzept in eine Phase der Unsicherheit, Ineffizienz macht sich breit. Vielfach haben auch Mitarbeiter Schwierigkeiten, sich trotz der vorangegangen Schulungsmaßnahmen an das neue System zu gewöhnen. Denn meist lassen sich neu auftretende Herausforderungen nicht angemessen behandeln. Fehltes dann auch noch an kompetenten Ansprechpartnern, wird das neue ERP-System nicht bestmöglich ausgenützt. (rhh)

Der Beitrag basiert auf Informationen der BE-eterna.

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