Cloud-Transformation im SAP-Umfeld Hybride Welten zeichnen sich ab
15. September 2017Wie können Anwenderunternehmen von effizienten und einfachen Lösungen aus der Cloud am besten profitieren? Wie lassen sich bestehende Inhaus-SAP-Umgebungen optimal mit Cloud-Angeboten kombinieren – und wo liegen da die Fallstricke? Antworten auf diese Fragen geben im Vorfeld des DSAG-Kongresses Experten aus SAP-Partnerfirmen.
Ausnutzen von externen Know-how
Das Thema SAP aus der Cloud wird auf dem DSAG-Kongress unter anderem von Jean-Claude Flury und Andreas Oczko in ihren Teilen der DSAG-Fachvorstände-Keynote eingegangen. „Im Gegensatz zum klassischen ‚Digital Core‘, also ERP-Business Suite oder S/4HANA, sieht sich SAP bei den Cloud-Lösungen einer großen Konkurrenz ausgesetzt“, skizziert Jean-Claude Flury die Ausgangssituation im Cloud-Umfeld. Für den DSAG-Vorstand Business Networks Integration hat das eine klare Folge: „Das Erfolgsmodell kann hier nur bessere Integration für SAP-Lösungen, aber auch problemloser Anschluss von Drittlösungen heißen. Dabei darf es weder technische noch lizenzseitige Hürden geben.“
Jens Schneider, Product Marketing Director bei Concur, sieht bei Cloud-Lösungen den Vorteil, dass der Kunde nicht selbst in IT investieren muss: „Er benötigt nicht selbst das IT-Know-how und wird vom laufenden Betreuungsaufwand für die Lösung befreit. Eine Cloud-Lösung bedeutet für das Anwenderunternehmen somit auch eine wesentlich kürzere und günstigere Implementierung bei gleichzeitiger Liquiditätsschonung.“ Im Fall von Travel-Management-Lösungen ergeben sich laut Schneider besondere Vorteile, weil man die schon weit entwickelte Digitalisierung in diesem Umfeld umfassend ausnutzen und somit Mehrwerte für den Anwender schaffen könne, die in einer individualisierten On-Premise-Lösung nicht wirtschaftlich umsetzbar wären.
„So ist zum Beispiel Concur mit einer Vielzahl von Anbietern verbunden, deren Daten die Lösung einsammelt, aufbereitet und den Kunden in Echtzeit liefert“, führt Schneider aus. „Die hohe Standardisierung und der Einsatz von Best-Practice-Erfahrungen aus tausenden von Projekten am gleichen System ermöglicht es, Prozesse zu optimieren und den digitalen Wandel innerhalb des Unternehmens voranzutreiben.“ Die Integration der On-Premise-Lösung mit einem Cloud-Dienst stellt immer eine Herausforderung dar, insbesondere in Bezug auf Sicherheit und Datenintegrität in beiden Systemen sowie Fehlerbehebungen bei Falschbuchungen. Deshalb habe man als SAP-Tochter im letzten Jahr eine native Integration von Concur in SAP entwickelt.
Diese Vorgehensweise eliminiere diese Fehlerquellen. „Sie ist sicher, weil nur das SAP-System das Concur-System über eine HTTPS-Verschlüsselung anfragt und nur das SAP-System entscheidet, welche Daten es sich von Concur holt und zurückspiel“, erläutert Schneider. „Eine weitere Funktion stellt sicher, dass im FI-Posting-Prozess eine Rückmeldung bei fehlerhaften Datensätzen erfolgt. Ein Mitarbeiter kann diese, ohne langwierige Fehlersuche, einfach in Concur korrigieren und die Buchung wird nun noch mal geschickt. Dieses Feedback-Loop durchläuft ein Datensatz solange, bis er fehlerfrei übermittelt wurde.“ Diese Funktion stelle somit die Datenintegration der Buchung, aber auch der Stammdaten sicher. Somit sei die Integration für SAP kein großer Aufwand mehr.
Agilität gefragt
Für Hubert Frankenstein, Director Cloud & ITaaS Portfolio bei der Camelot ITLab GmbH, lassen sich die Vorteile von Cloud Services kurz mit dem Begriff Agilität überschreiben: „Aus finanzieller Perspektive geht es neben der Verschiebung von Kapitalaufwand zu Betriebskosten – CapEx vs. OpEx – auch um transparente Bezahlmodelle. Nicht allein die IT profitiert durch skalierbare Ressourcen mit passenden Service Level Agreements. Endanwender erhalten einfache und schlanke Lösungen für weitgehend standardisierbare Prozesse.“ Wenn Cloud Services die Weiterentwicklung des eigenen Produkt- und Leistungsportfolios befördern, ist das für Frankenstein ein Beitrag, der über technische Aspekte und Effizienzgewinn hinausgeht.
Auf die Frage, wie sich bestehende Inhaus-SAP-Umgebungen optimal mit Cloud-Angeboten kombinieren lassen und wo dabei die Fallstricke liegen, antwortet Frankenstein: „Kombiniert man bestehende SAP-Umgebungen mit Cloud Services ist die gesamte, häufig heterogene Unternehmensarchitektur – Prozesse, Applikationen, Daten und Infrastruktur – zu betrachten. Dabei sind die Themen Individualisierung und Integration die wesentlichen Aspekte.“ Dazu sollten sich Anwenderunternehmen mit den folgenden Fragestellungen auseinandersetzen: Wo ist ein Standard ausreichend und wann ist ein hohes Maß an Konfigurierbarkeit oder eine individuelle Lösung erforderlich? Und: Wie lässt sich der Cloud Service in die bestehende Systemumgebung integrieren? Nach Absicht von Frankenstein, kann bei Systemlandschaften mit einer hohen SAP-Durchdringung die SAP Cloud Platform ein Bestandteil der Lösung sein.
„Ein deutlicher Vorteil von Cloud-Applikationen ist, dass der Einführungsaufwand durch ihren hohen Standardisierungsgrad vergleichsweise gering ist“, bringt es Thomas Latajka, Prokurist und Mitglied der Geschäftsführung bei der realtime AG, auf den Punkt. „Zudem machen sie eine vorher notwendige unternehmenseigene Infrastruktur weitgehend überflüssig. Cloud-Lösungen bieten außerdem eine hohe Flexibilität. So lassen sich bei Veränderungen innerhalb des Unternehmens, zum Beispiel bei Unternehmenszukäufen, Mergern etc., die erforderlichen Cloud-Anwendungen ‚aus der Steckdose‘ für die neuen Unternehmensteile zusätzlich andocken. Damit ist man extrem flexibel und beliebig skalierbar.“
Allerdings sieht auch Latajka Problemstellungen auf die Anwender zukommen: „Eine Herausforderung für die Cloud stellen nach wie vor physikalische Prozesse dar, wie sie beispielsweise klassisch im Logistikbereich gegeben sind – eines unserer Spezialgebiete. Die große Vielfalt an unternehmensspezifischen, individuellen Prozessen erzwingt hier den Einsatz einer sehr flexiblen und anpassungsfähigen ERP-Lösung.“ Diese Flexibilität konnten nach seiner Einschätzungen Cloud-Lösungen in der Vergangenheit noch nicht bieten. Daher konzentrierten sie sich bislang auf Geschäftsbereiche, die einen hohen Standardisierungsgrad haben. „Die Empfehlung lautet in diesen Bereichen, Kernprozesse On-Premise abzubilden und weitere fachbereichsspezifische Prozesse, wie z.B. Marketing, HR etc. in die Cloud zu verlagern. Werden zu viele Produkte verschiedener Anbieter von Cloud- und On-Premise-Lösungen miteinander kombiniert, kann das eine hohe Komplexität mit sich bringen und Probleme verursachen.“
Aus Gründen des Datenschutzes und der Datensicherheit sollte man sich – so Latajka – zudem darüber Gedanken machen, wo beispielsweise sensible Geschäftsdaten gespeichert werden: „Denn es gelten beispielsweise bei der Speicherung in deutschen Rechenzentren auch deutsche Datenschutzrichtlinien. Last but not least sind bei der Kombination auch Lizensierungsaspekte zu beachten, Stichwort ‚indirekte Nutzung‘.“
„Durch die Bereitstellung entsprechender Dienste und Angebote als SaaS-Service ermöglicht man es seinen Kunden und Mitarbeitern zum einen den direkten Kontakt zum Endkunden (von B2B zum B2C) und zum anderen eine rasche Optimierung der Prozessgestaltung und -abwicklung“, gibt Tanja Thurmann, Solution & Product Management bei der Uniserv GmbH, zu Protokoll. Cloud-Lösungen verfügen nach ihrer Einschätzung über ein großes Maß an Skalier- und Erweiterbarkeit was die einzelnen Funktionen und die Anzahl der Nutzer angeht, sodass sie kontinuierlich an geänderte Bedürfnisse angepasst werden können. Sinnvoll sei es SaaS-Lösungen auf Basis des Nutzungsumfangs zu realisieren, wodurch die Kosten gut kalkulierbar sind.
Eine interessantes Zusammenspiel von Cloud- und On-Premise-Umgebung sieht Thurmann beispielsweise dann, wenn eine klassische On-Premise ERP-Lösung für die Holding durch Cloud-Lösungen für Tochter- oder Ländergesellschaften ergänzt werden. „Zu berücksichtigen sind hierbei besonders die Datensynchronisationslogik und Prozessschnittstellen, sowie die Anbindung externer Systeme und zusätzlicher Datenquellen“, räumt Thurmann ein. „Ebenfalls lassen sich dedizierte Dienste und Prozesse wie zum Beispiel Adress-, Dubletten- oder Sanktionslistenprüfungen über SaaS-Services integrieren.“
Rainer Huttenloher
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