DSAG zu „RISE with SAP: Einschätzungen und ErfahrungenRISE with SAP: braucht viel Zeit, kann sich aber lohnen

6. September 2024

Jenseits der Marketing-Broschüren und -Versprechen sind vor allem die Lessons Learned der Anwender relevant, die in der Praxis bereits Erfahrungen mit dem SAP-Angebot in der Private Cloud gemacht haben und dies aktuell auch noch tun: Diese Nutzer liefern wichtige Einschätzungen für alle, die auf RISE with SAP transformieren wollen. Das Sprecher-Team des Arbeitskreises S/4HANA Private Cloud & Co. der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) kennt sich ebenfalls gut aus damit und teilt erste eigene Erfahrungen.

Das Angebot RISE with SAP (SAP S/4HANA Cloud Private Edition) bietet ein mittlerweile KI-gestütztes Cloud-ERP an, das von SAP verwaltet und optimiert wird. Die damit einhergehenden Services und Tools basieren allesamt auf dem Clean-Core-Ansatz.

Dieser ermöglicht es Anwendern unter anderem, On-Premises-Systeme zu migrieren, Geschäftsprozesse zu transformieren, Innovationen voranzutreiben und die Agilität eines Cloud-ERP inklusive aller Vorteile für das eigene Unternehmen und Geschäftsmodell zu erschließen. Dazu zählen mittlerweile auch die neuen Business-AI-Szenarien oder Security-Aspekte.

Wichtige Fragen auf dem Weg zur Entscheidung für RISE with SAP

Wie in jedem anderen Transformationsprogramm liegt der Fokus bei SAP-S/4HANA-Projekten zunächst auf Grundsatzentscheidungen: Welches Betriebsmodell ist das richtige? Wie strukturiere ich die dazugehörigen Services und wie sieht meine SAP-Basis aus? Aber auch: Wer ist für mich der beste Hyperscaler?

Eines sollte jedoch von vornherein klar sein: Wer nach wie vor auf On-Premises setzen will, für den ist RISE with SAP keine Option. Auch bestimmte Branchen wie z. B. die Rüstungsindustrie, die spezielle regulatorische Parameter für einen Cloud-Betrieb mit sich bringen, eignen sich eher weniger für eine Private Cloud. Bei der Entscheidung für einen Hyperscaler-Cloud-Betrieb sollte zudem nicht vergessen werden, dass das Zusammenspiel mit anderen Bereichen nicht immer gegeben ist – beispielsweise kann es mit Microsoft Azure durchaus herausfordernd sein, mit dem Betriebsmodell RISE with SAP einen Security-Hub über alle Cloud-Betriebsszenarien zu nutzen.

Transformation kann aufwändig sein, aber lohnend

Ein ebenfalls wichtiger Aspekt, den Anwender beachten sollten: Die RISE-with-SAP-Vertragsgestaltung kann aufwändig sein, ist doch der Standardvertrag für die große Mehrheit der Unternehmen nicht verwertbar. Es empfiehlt sich also, hierfür ausreichend Zeit einzuplanen.

Das betrifft erfahrungsgemäß Bereiche wie Haftungsgrenzen und -beschränkungen, Lizenz- und Nutzungsrechte, Vendor-Log-in oder auch die so genannten Leistungsschlüssel: Hier wartet auf Anwender eine umfangreiche Roles & Responsibility Matrix, deren genaues Studium sich allerdings lohnt.

Bekommt man doch Antworten auf dringende Fragen – etwa, wann welche Security Patches von wem mit welchen Zertifikaten installiert werden können oder dürfen oder auch, welche Leistungen im Standard enthalten sind und welche nicht, etwa zu Kontaktpunkten bzw. zu Kontaktpersonen. Ein Mittelständler ist seinen persönlichen Ansprechpartner gewohnt und arbeitet in der Regel auch nicht nachts. Hier korreliert dann unter Umständen der Reifegrad vieler Unternehmen mit der Erwartungshaltung von SAP.

Gut im Auge behalten: Security und Lizenzen

Insgesamt ist das Thema Security generell mit wachen Augen im Blick zu behalten: Zwar wurde zu Beginn des Jahres ein Security Dashboard angekündigt, von einem vollumfänglichen Paket über das unternehmenseigene SAP-System sowie die Gesamt-Systemkonstellation – es gibt ja auch noch andere Lösungen als SAP – sind Anwender allerdings noch weit entfernt.

Vielmehr gilt oftmals noch: Selbst ist der Kunde, der sehen muss, wo es noch hakt und was gegen Extrageld noch dazugekauft werden muss. Auch das Thema Lizenzen ist eine große Herausforderung, schließlich gilt es hier, Altrechte, also Lizenzrechte, in Nutzungsgebühren umzuwandeln – oder anders formuliert: Der Wandel vom Software-Lizenzgeber zum Service Provider muss zu 100 Prozent sitzen! Hier ist auf allen Seiten viel Feingefühl und Verhandlungsgeschick gefragt, etwa bei Haftungsthemen oder potenziellen Exit-Szenarien, die im Standard nicht enthalten sind.

RISE-Transformation macht Besitzer zu Mietern

Ebenfalls gut beschäftigt ist das Controlling während einer RISE-with-SAP-Reise. Schließlich erfolgt ein Wechsel von einem Lizenz- in ein Nutzungsmodell, sprich, in den operativen Kosten erscheinen nun konstant dauerhafte Nutzungsgebühren. Das verändert das Kostenszenario und damit das Ergebnis.

Auf der anderen Seite profitieren Nutzer einfach und schnell von Lösungen und Services, die nur noch in der Cloud verfügbar sein werden – Stichwort Green Ledger oder auch Künstliche Intelligenz (KI). Strategische Benefits, die schon in naher Zukunft essenziell sein werden. Teilweise hilfreich können hier Programme wie ‚RISE with SAP Migration and Modernization‘ sein, die bereits bestehenden S/4HANA-Kunden den Umstieg in die Cloud finanziell erleichtern sollen – wobei hier allerdings Kunden, die bereits auf S/4HANA umgestiegen sind, zu Recht verärgert sein können. Und auch bezüglich der Tatsache, dass das Programm Ende 2024 ausläuft, würden sich die SAP-Kunden über eine Verlängerung freuen.

SAP-Anwender aktiver begleiten

Zusammengefasst lässt sich sagen: RISE with SAP ist eine wichtige und gute Option für die SAP-Anwender, die die oben genannten Kriterien für sich mit gutem Gewissen bejahen können. Für sie sind auf ihrer Cloud-first-Reise auch gut ausgearbeitete Business-Case-Modelle hilfreich, die effektiv dabei unterstützen, diverse Ansätze realistisch durchzurechnen.

Mehr Klarheit und ein aktiveres „an die Hand nehmen“ durch SAP käme der Realität in den meisten Anwenderunternehmen, die noch nicht ausreichend genug für den Switch hin zu Managed Services aufgestellt sind, ebenfalls sehr entgegen. Damit Kunden nicht auf sich allein gestellt sind und monatelang Dokumente lesen und diese zu verstehen versuchen müssen. So oder so, generell gilt: Kümmern Sie sich! Am besten reden Sie mit den Experten.
Detaillierte Informationen sowie den Austausch mit Gleichgesinnten ermöglichen z. B. das Ressort Transformation der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe in seinen Arbeitskreisen, die entsprechenden Gremien des Ressorts “Lizenzen, Vertragswesen und Support”, sowie der Arbeitskreis Security & Vulnerabiltiy Management.

Patrick Kosche und Eric Neiser gehören zum Sprecher-Team des Arbeitskreises S/4HANA Private Cloud & Co. der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG).

Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG)

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