Daten: Buchstabensalat, keine AntwortIm Blindflug durch den Datenstrudel
23. November 2021Dem Hype zum Trotz: empirische Daten bewirken keine Wunder. Entscheidungen fußen oft auf Emotionen, Urteilsvermögen und Erfahrung; empirische Daten erhellen lediglich den Weg, wie eine Taschenlampe im Dunkeln. Um die richtigen Antworten in den Daten zu finden, kommt es darauf an, die richtigen Fragen zu stellen.
Empirische Messungen sind nicht der Wahrheit letzter Schluss. Aber was ist es dann? Eine neue Art zu denken — entscheidungsgestütztes Denken vereint menschliche Erkenntnis, Intuition, Empathie und die Fähigkeit, zu nuancieren, und setzt Daten an die richtige Stelle.
Pablo Picasso sagte einmal: „Das Problem mit Computern ist, dass sie nur Antworten geben können.“ Und in der Tat besteht die echte Kunst der Entscheidungsfindung darin, zu wissen, welche Fragen gestellt werden müssen. Was Picasso damit gemeint haben könnte, ist also, dass wir ohne tiefergehende Fragestellungen quasi im Blindflug durch einen Nebel aus Datenpartikeln fliegen. Computer ermöglichen lediglich eine Beschleunigung des Partikelflugs.
Nichtsdestotrotz werden Daten heutzutage als magisches Elixier angesehen — als höheres Wissen. Das sind sie aber nicht. Richtig ist, dass Daten einen zentralen Baustoff für das digitale Unternehmen darstellen. Aber das entscheidungsgestützte Denken stellt den aktuellen Hype um datengestützte Entscheidungen auf den Kopf. Wo datenfokussierte Teams ihre Arbeit mithilfe von Technologien wie Datenerfassung, Deduplizierung, Modellierung und Analyse beginnen, beginnen entscheidungsfokussierte Teams mit der Entwicklung von Fragen.
Fragen und Daten, Strohhalme und Drinks
Beim entscheidungsgestützten Ansatz geht es um das Unbekannte, nicht das Bekannte. Fragen können sich mit allem Möglichen beschäftigen: Kunden, Lieferketten, makroökonomischen Trends, Nachhaltigkeit, Sicherheit etc. Für Entscheidungsteams sind Fragen der Strohhalm, mit dem man einen guten Drink umrührt — die Daten hingegen sind die essentielle Zutat im Cocktailrezept. Fehlt eines von beidem, wird das Ergebnis nicht besonders gut schmecken.
Beispiel Hausmeisterservice: Datengestütztes Denken beginnt hier mit den Daten über Serviceanfragen zu Heizung, Lüftung und Klima, regelmäßige Instandhaltung und den Kundenreaktionen auf Angebote und Werbeaktionen. Entscheidungsfokussiertes Denken hingegen zielt darauf ab, die Emotion hinter dem Kundenerlebnis, Einstellungen gegenüber umweltfreundlichen Produkten und die dazu passende Kundenansprache oder die ansprechenden Aspekte in der Interaktion mit dem Unternehmen zu verstehen. Für viele Unternehmen sind diese entscheidungsgestützten Fragen ein Mysterium, die sich zudem dynamisch verändern.
Entscheidungsgestützter Ansatz ermöglicht tieferes Verständnis
Daten zur Erforschung des Unbekannten zu nutzen ist eine höhere Ebene der Business Intelligence. Das ist allerdings schon seit den 1960er Jahren der Fall, als die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise die Zuschauer faszinierten. Was ist also neu?
Unsere Zukunft wird geprägt sein von künstlicher Intelligenz (KI). Doch nicht so, wie wir es aus Science-Fiction-Filmen kennen: KI gibt keine besseren Antworten — ihre Stärke liegt vielmehr darin, bei der Entwicklung besserer Fragen zu unterstützen.
Die Stärke von sogenannten „Deep-Learning“-Algorithmen besteht beispielsweise darin, Muster in Millionen oder sogar Milliarden von Datenpunkten zu erkennen, die das menschliche Auge nicht sehen kann. Aber Achtung: Muster führen nur zu Fragen, nicht zu Antworten.
Machine-Learning-Modelle sind beeindruckende Musterabgleicher in Echtzeit. Wird ein Bilderkennungsalgorithmus am Tag mit einer Million Bildern gefüttert, wird er 999.990 Mal korrekt die Spreu vom Weizen trennen. Die verbleibenden zehn Nadeln im Heuhaufen sind diejenigen, die — wenn sie an einen Menschen weitergereicht werden — dazu beitragen, dass Mensch und Maschine zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen.
Bühne frei für ModelOps
Die letzte Meile zwischen Algorithmus und Mensch bildet das Konzept ModelOps ab, um die Arbeit von Modellierungs- und Betriebsteams bestmöglich miteinander zu verzahnen. Das ermöglicht die Demokratisierung von KI-Entscheidungsmodellen und ihre Einbindung in funktionelle Workflows sowie deren Verbindung zum Menschen. Einfacher gesagt unterstützt ModelOps dabei, KI-Modelle zum Einsatz zu bringen, was wiederum Geschäftsentscheidungen vorantreibt. Indem es einfacher wird, Algorithmen in die Hände der Menschen zu legen, lässt sich der oben beschriebene tiefergehende Verständnisgewinn skalieren.
Ein führendes Analystenhaus definiert ModelOps etwas breiter als Operationalisierung der KI, was auch Entscheidungsmodelle, maschinelles Lernen, Wissensgraphen, Regeln, Optimierungen und linguistische sowie agentenbasierte Modelle miteinschließt. Das ist kompliziert — stimmt. Und doch ist ModelOps der essentielle Strohhalm zum Umrühren des komplexen KI-Cocktails ist.
Eine neue Partnerschaft
KI kann Menschen dabei helfen, ihre inhärenten Grenzen hinsichtlich Menge, Bandbreite und Geschwindigkeit bei der Datenaufnahme und -verarbeitung zu überwinden. Gleichermaßen können menschliche Intelligenz und entscheidungsgestütztes Denken dabei helfen, kontinuierlich bessere Fragen zu stellen, um sich die bemerkenswerte Rechenleistung der KI-Systeme bestmöglich zunutze zu machen.
Menschen brauchen Computer, aber genauso brauchen Computer Menschen. Picasso hatte Recht — Computer haben nur wenig Wert, wenn sie ausschließlich Antworten geben. Unerlässlich ist daher die gemeinsame Arbeit von Mensch und Maschine in der folgenden Reihenfolge: Entscheidungen, Entscheidungen, Daten… und dann wieder Entscheidungen.
Mark Palmer ist Senior Vice President und General Manager of Analytics, Data Science & Data Virtualisation bei TIBCO.