Markus Viehböck im Interview zu ERP-Lösungen für den Bereich Service&Rental:„Equipment Cloud bündelt alle zentralen Funktionen der Branche“

24. November 2025

Die zentralen Geschäftsprozesse der Vermietungsbranche unterscheiden sich deutlich von denen klassischer Fertiger. Was muss ein ERP-System können, um den branchenspezifischen Herausforderungen gerecht zu werden? Im Interview mit „Line of Business“ (LoB) steht Markus Viehböck, Business Unit Manager für den Bereich M3 bei BE-terna, Rede und Antwort.

LoB: ERP für Service&Rental – was sollte eine Lösung abdecken?
Markus Viehböck: Wer im Bereich „Service & Rental“ unterwegs ist, für den sind insbesondere zwei Aspekte entscheidend: Die Abbildung des eigentlichen Vermietungsprozesses sowie Funktionen für einen soliden After-Sales-Service.

LoB: Worin liegen die wesentlichen Unterschiede etwa zu einem ERP-System für die Fertigungsbranche?
Markus Viehböck: Eine Vermietung bringt eine ganz andere Komplexität mit sich als ein einfacher Verkauf. Für welchen Zeitraum wird das Gerät vermietet? In welchem Zustand wird es ausgegeben, in welchem Zustand kommt es zurück? Handelt es sich bei der Vermietung etwa um ein Baustellengerät, einen Bagger, müssen Stillstandzeiten berücksichtigt werden. Am Wochenende wird auf der Baustelle nicht gearbeitet, da will der Kunde keine Miete zahlen. Ebenso wenig für Zeiten, in denen der Bagger aufgrund eines Defekts stillsteht und auf den Techniker gewartet werden muss. Je nach Geräteart und Einsatzzweck kann es zudem entscheidend sein, einen unterbrechungsfreien Betrieb sicherzustellen. In diesem Fall kann die Regelung sinnvoll sein, Geräte nur paarweise zu vermieten: Während das eine Gerät im Einsatz ist, wird das andere gewartet.

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Markus Viehböck ist Business Unit Manager M3 bei BE-terna. Quelle: BE-terna

LoB: Und was bedeutet das für den Teilbereich „Service“ in diesem Kontext?
Markus Viehböck: Hier gilt es zum einen, verschiedenste Arten von Wartungsverträgen effektiv zu unterstützen. In welchen Intervallen muss der Service für ein bestimmtes Gerät erfolgen? Ebenso sind sowohl das Fachpersonal in der Werkstatt beziehungsweise im Außeneinsatz als auch die Kolleginnen und Kollegen im Backoffice auf die Unterstützung durch passgenaue Funktionen angewiesen. Die Techniker benötigen Möglichkeiten, Arbeitszeiten und Material schnell und effektiv zu buchen. Diese Informationen wiederum sollten unmittelbar für andere Bereiche verfügbar sein: Etwa im Einkauf, um automatisch nachbestellen zu können, wenn der Mindestbestand unterschritten wird, oder natürlich in der Fakturierung, um den Service-Einsatz dem Kunden in Rechnung zu stellen.

LoB: Wer da ein solides Funktionsspektrum benötigt, wird wohl nicht umherkommen, eine Standardlösung individuell zuzuschneiden oder gleich auf ein Spezialsystem zu setzen?
Markus Viehböck: Nicht unbedingt. Solche spezifischen Funktionen können durchaus im Standard vorhanden sein bei etablierten Systemen am Markt. Infor etwa deckt den Bereich Service&Rental mit seiner „Equipment Cloud“ ab. Diese bündelt alle zentralen Funktionen, die die Branche benötigt. Was genau dazu zählt, wurde jedoch nicht im Elfenbeinturm erdacht, sondern in enger Zusammenarbeit mit Kunden aus der Praxis entwickelt.

LoB: Was bedeutet das für die Anwender?
Markus Viehböck: Die Lösung bildet dediziert genau die Prozesse ab, die im Tagesgeschäft der Branche wirklich relevant sind. Der Vorteil besteht darin, dass Unternehmen auf eine etablierte Lösung im Markt setzen können und damit auch die Sicherheit eines großen Anbieters erhalten. Gleichzeitig finden sie in der Equipment Cloud all die Funktionen, die ich eingangs beschrieben habe. Also passgenau für die Branche, ja, aber im Standard.

LoB: Wenn solche Lösungen alles Benötigte bereits schlüsselfertig liefern, wozu braucht es dann noch BE-terna als Partner?
Markus Viehböck: Nun, wirklich „schlüsselfertig“ wird es in einem so vielschichtigen Bereich wie der Equipment-Branche wahrscheinlich nie geben. Und hier kommen Beratungs- und Implementierungsspezialisten wie wir ins Spiel. Wir nehmen die Kunden an die Hand und unterstützen dabei, dass die von der Lösung bereitgestellten Branchenfunktionen korrekt ausgewählt, konfiguriert, gegebenenfalls zugeschnitten und produktiv gesetzt werden.

LoB: Gibt es noch weitere Felder, die ein Implementierungsexperte in diesem Umfeld abdecken sollte?
Markus Viehböck: Auch die kontinuierliche Wartung und weitere Optimierung der Lösung spielt eine wichtige Rolle. Kommt bei einem Kunden etwa eine neue Werkstatt hinzu, muss das in der Lösung abgebildet sein. Ebenso wollen neue Produktkategorien im System hinterlegt werden. Hier unterstützen wir dabei, dass die Umsetzung korrekt und so effizient wie möglich erfolgt. Uns kommt in diesem Bereich zugute, dass unsere Experten selbst aus der Praxis stammen und über jahrzehntelange Erfahrung in der Instandhaltungsbranche verfügen. Viele unserer Kunden in diesem Bereich sind seit zehn, fünfzehn Jahren bei uns. Da kommt viel an Expertise und Praxis-Know-how zusammen.

LoB: Wie lässt sich denn eine Cloud-Lösung auf die spezifischen Anforderungen einen Kunden hin zuschneiden?
Markus Viehböck: Was hier konkret erforderlich ist, hängt stets von den Gegebenheiten beim Kunden ab. Wir setzen dazu im Rahmen der Implementierung zunächst auf eine Scoping-Phase. Darin wird abgeglichen, zu welchem Prozentsatz die Prozesse des Kunden den Standardprozessen der Equipment Cloud entsprechen und zu welchem Anteil darüberhinausgehende Modifikationen erforderlich sind. Wir teilen alle Abläufe dazu in die drei Kategorien „Core“, „Differentiate“ und „Unique“ ein. Die ideale Gewichtung sollte bei etwa 60 – 30 – 10 liegen.

LoB: Was sind Kennzeichen der Core-Prozesse?
Markus Viehböck: Sie sind am einfachsten umzusetzen. Sie werden von der Lösung genau so wie gewünscht im Standard abgedeckt. Es genügt, den Ablauf einmal kurz zu testen, und er kann unmittelbar dem Kunden präsentiert werden. Bei „Differentiate“ handelt es sich um kleinere Abweichungen zum Standard, die sich auf Konfigurationsebene umsetzen lassen. Ein Beispiel: Ein Kunde schreibt eine zweifache Wareneingangsprüfung vor, da beispielsweise noch eine Qualitätskontrolle erfolgen muss, bevor ein Artikel auf Lager gelegt werden kann. In diesem Fall können wir den Auftragstyp-Parameter anpassen, um die Besonderheit im System widerzuspiegeln.

LoB: Was kennzeichnet die Kategorie „Unique“?
Markus Viehböck: Richtig interessant wird es in dieser Kategorie, handelt es sich doch um Abläufe, die eigentlich eine individuelle Anpassung erfordern. Da wir uns im Cloud-Umfeld bewegen, ist eine Modifikation des Source Code hierzu natürlich keine Option. Der Großteil dieser Fälle lässt sich jedoch in der Praxis sehr gut abdecken, indem beispielsweise mithilfe eines Skripts eine individuelle Oberfläche für den Kunden erstellt wird. Daneben bieten wir mit unserem Experience Designer Kunden sogar die Möglichkeit, eine individuelle Oberfläche selbst zu erstellen. Auch eine mobile Lösung, die an die Equipment Cloud angebunden wird, kann einen „Unique“-Prozess abbilden.

LoB: Zum Stichwort Mobility: speziell im Hinblick auf Wartungstermine vor Ort ist das für viele Unternehmen sicher ein entscheidender Funktionsbereich?
Markus Viehböck: Absolut! Für moderne und effiziente Service-Prozesse ist es heute schlicht Standard, dass der Techniker oder die Technikerin ihr Handheld mit auf die Baustelle nehmen, dort zum Beispiel den Barcode des Baggers abscannen und damit unmittelbar auf alle Informationen Zugriff haben, die für die Reparatur relevant sind. Da ein solcher Ablauf aber für jedes Unternehmen hochgradig individuell ist – da sind wir wieder beim gerade erwähnten „Unique“ – haben wir hierfür unsere Mobility-Lösung „BE-Mobile“ auf Basis der Reactor-Plattform entwickelt.

LoB: Was zeichnet diesen Ansatz aus?
Markus Viehböck: Diese Plattform kann passgenau auf die Anforderungen des Kunden hin zugeschnitten werden und kommuniziert über API-Calls – API steht für Application Programming Interface – mit der zentralen Equipment Cloud. So lassen sich etwa Arbeitszeiten und Materialverbräuche unmittelbar zurückmelden und im System verbuchen. Entnimmt man etwa einen Hydraulikschlauch aus dem Service-Fahrzeug, reduziert sich der Bestand in diesem „Lager“ um eins. So bleibt das Unternehmen über vorhandene Materialien und Ersatzteile stets auf dem aktuellen Stand. Zudem haben die Kolleginnen und Kollegen in der Zentrale unmittelbar Zugriff auf alle Daten, die sie benötigen, um die Rechnung zu schreiben. BE-Mobile auf Basis der Reactor-Plattform macht es den Usern so einfach wie möglich, da viele benötigte Datenfelder schon automatisiert vorausgefüllt werden.

LoB: Was bringt der Einsatz von Mechanismen der Künstlichen Intelligenz für die Vermietungsbranche?
Markus Viehböck: Hier besteht natürlich – wie in fast allen Bereichen – eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie KI für mehr Effizienz und Automatisierung sorgen kann. Ein sehr gutes aktuelles Beispiel findet sich im Rahmen der neuen „Velocity“-Lösung im Bereich Process Mining. Ausgehend von den Standardprozessen der Equipment Cloud ermöglicht es KI, individuelle Abweichungen in der konkreten Art und Weise zu ermitteln, wie ein Unternehmen in der Praxis arbeitet. So könnte man etwa feststellen, dass die Vermietung eines Traktors mit einem Frontlader deutlich länger dauert als die eines Traktors ohne Frontlader. Woran liegt das genau? Wie kann ich dafür sorgen, dass ich beide Arten von Traktoren gleich schnell vermieten kann? Für die Gesamteffizienz können solche Informationen Gold wert sein.

LoB: Das hört ich recht einfach an, ist das auch die Realität?
Markus Viehböck: Die Ergebnisse eines Process Minings richtig zu lesen und zu interpretieren, erfordert durchaus Fachwissen und Prozessexpertise. Daher ist dies auch ein Bereich, in dem wir Kunden sehr gerne mit unserer Branchenerfahrung unterstützen. Ein KI-Einsatz zahlt sich immer nur dann aus, wenn das Projekt richtig aufgesetzt ist und die richtigen Schlüsse aus den Ergebnissen gezogen werden. Wir sind zertifiziert für die Durchführung solcher Process-Mining-Projekte auf Basis der Equipment Cloud und verfügen generell inhouse über eine hohe KI-Expertise. In enger Zusammenarbeit mit dem Kunden können wir daher entsprechende Projekte so gestalten, dass unterm Strich auch ein tatsächlicher Mehrwert steht. (rhh)

BE-terna

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