Im Interview: Dirk Häußermann, Geschäftsführer EMEA Central bei Informatica „BI kann nur so gut sein, wie die Daten, auf denen es basiert“

24. Februar 2016

Investitionen in Reporting-Prozesse, Predictive Ansätze im BI-Umfeld, Self-Service im BI-Umfeld und BI as a Service – zu diesen Themen hat Dirk Häußermann, Geschäftsführer EMEA Central bei Informatica, gegenüber line-of.biz (LoB) im Interview Stellung bezogen.

Nach seiner Ansicht ist der Bereich Predictive Analytics zu einem zentralen Bestandteil für ein funktionierendes Geschäftsmodell geworden. Doch dabei spiele die Datenqualität eine extrem große Rolle – denn BI und Business Analytics könne nur so gut sein, wie die Daten, auf denen sie basieren. Die Vorbereitung der Daten für die Analyse nimmt nach seiner Einschätzung allein 80 Prozent der Zeit eines Datenexperten in Anspruch.

Investitionen

LoB: Wie wichtig ist eine weitgehende Automatisierung der Analyse-Abläufe?
Häußermann: Eine Automatisierung bringt vor allem mehr Effizienz, da die Analyse-Abläufe sehr viel schneller durchgeführt werden können. Dennoch kommt es nicht nur auf den Analytics-Prozess allein, sondern vor allem auch auf die entsprechende Vor- und Aufbereitung der Daten an.

LoB: Welche Rolle spielt die Datenqualität (Pflege der Daten, speziell bei Systemkonsolidierungen und externen Daten – etwa Social Media) und wo stehen die Unternehmen?
Häußermann: Die Datenqualität spielt eine extrem große Rolle – denn BI und Business Analytics können nur so gut sein, wie die Daten, auf denen sie basieren. Die Vorbereitung der Daten für die Analyse nimmt allein 80% der Zeit eines Datenexperten in Anspruch. Während das reine Sammeln der Daten schnell abgeschlossen werden kann, muss umso mehr Zeit auf die Extrahierung und Identifizierung der relevantesten Daten verwendet werden. Um hier mehr Effizienz zu schaffen, arbeiten viele Unternehmen bereits mit neuen Analytics-Plattformen aus der Cloud. Doch dabei bleibt es nicht: Ebenso ist eine Integrationsplattform notwendig, die Daten aus den verschiedensten Quellen für jedwede Analytics-Plattform bereitstellen kann. Die Herausforderung, der sich Unternehmen im Moment stellen, ist ihre on-Premise-Lösungen an diese neuartigen Lösungen ohne Datenverlust und großen Aufwand anzubinden. Denn bis jetzt sind nur die wenigsten Unternehmen bereit, auf eine „Cloud only“-Lösung zu setzen.

LoB: Warum benötigen digitale Geschäftsmodelle vermehrt „zukunftsgerichtete“ Analysen?
Häußermann: Predictive Analytics ist zu einem zentralen Bestandteil für ein funktionierendes Geschäftsmodell geworden – man denke nur an das Thema Preisintelligenz. In einer Zeit, in der Kunden bestens über Wettbewerberpreise informiert sind, ist es umso wichtiger, hier einen Schritt voraus zu sein und beispielsweise Preise an die jeweilige Marktsituation anpassen und auch Trends vorhersagen zu können.

Self-Service

LoB: Welche Faktoren müssen Unternehmen im Kontext von Self-Service-BI beachten?
Häußermann: Wichtig ist hier, dass eine ganzheitliche Strategie zur Digitalisierung und für Data Governance vorhanden ist. Dabei müssen alle Geschäftsbereiche mit einbezogen und ihre Bedürfnisse analysiert werden.

LoB: Wie lassen sich dabei die verschiedensten Datenquellen einbinden?
Häußermann: Das Stichwort ist hier eine funktionierende Data Governance. Hierbei werden eine bestimmte Systematik und feste Prozesse für den Umgang mit Daten aus verschiedensten Quellen implementiert. Eine Plattform zur Datenintegration kann hier diese Aufgabe übernehmen und sicherstellen, dass Daten vertrauenswürdig, akkurat, konsistent und sicher sind und über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zur Verfügung stehen – und zwar nicht (nur) für die IT, sondern vor allem für die Mitarbeiter in den Fachabteilungen.

LoB: Wie spielt das mit den enorm ansteigenden Datenmengen zusammen?
Häußermann: Gerade durch die große Datenmenge, die Unternehmen heute verarbeiten, wird es immer wichtiger sicherzustellen, dass die richtigen Daten zur richtigen Zeit für den richtigen Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Technologisch sind der Einbindung verschiedenster Datenarten keine Grenzen gesetzt, jedoch müssen die Unternehmen selbst klare Regeln und Prozesse für deren Umgang definieren. Dies kann dann wiederum automatisiert werden und so die nötige Effizienz und Schnelligkeit schaffen.

LoB: Welche Rolle nimmt die IT dann noch ein?
Häußermann: Die Rolle der IT verändert sich – sie sind nicht mehr diejenigen, denen die Daten gehören. Sie ist eher eine Art „Facilitator“ für die Fachabteilungen. Wichtig ist hier wieder die Einbindung einer übergreifenden Strategie, damit die gefürchtete „Schatten-IT“ nicht zum Problem wird.

BI as a Service

LoB: Welche Zukunft sehen sie für "as a Service-Modelle" im BI-Bereich?
Häußermann: As a Service-Modell bringen natürlich viele Vorteile: Sie sind äußerst flexibel und kosteneffizient einsetzbar und viele Analytics- und BI-Lösungen können dies bereits abbilden. Sie werden in Zukunft sicherlich eine große Rolle spielen, es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die IT-Landschaft von „Cloud first“ zu „Cloud only“ entwickeln wird.

LoB: Ist das ein „Proforma-Muss“ oder wird das wirklich eingesetzt?
Häußermann: Skalierbarkeit und Effizienz sind die drei Kernelemente, die diese Entwicklung vorantreiben werden. Das ist nicht nur „pro forma“, sondern mittlerweile eine Geschäftsnotwendigkeit. Dennoch wird BI as a Service noch nicht durchgängig eingesetzt – viele Unternehmen scheuen wegen Sicherheitsbedenken und durch den relativ hohen Aufwand einer umfassenden Digitalisierungsstrategie noch davor zurück. Früher oder später wird sich aber kein Unternehmen den überwiegenden Vorteilen verschließen können.

LoB: Wie bekommt man die Integration mit den Kernapplikationen eines Unternehmens (wie ERP) hin?
Häußermann: Der Schlüssel einer funktionierenden Integration ist Unabhängigkeit. Unternehmen müssen in der Lage sein, ihre Daten unabhängig von den gewählten Applikationen integrieren zu können. Hier helfen spezielle Datenintegrationsplattformen, die den Datenschnittpunkt zwischen Legacy-Systemen wie ERP-Lösungen und neueren Cloud-Anwendungen darstellen, Datensilos zu vermeiden. Diese Lösungen sind selbst als „as a Service“-Modell verfügbar und bilde so Skalierbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit ab.

LoB: Welche Rolle spielt die Bereitstellung der Ergebnisse auf mobilen Plattformen?
Häußermann: Das Abrufen von Daten über mobile Endgeräte spielt eine immer größere Rolle, da auch die Erwartungen der Anwender steigen. Von überall und Geräte-unabhängig auf Daten zugreifen zu können und Entscheidungen darauf basierend treffen zu können, ist für den einzelnen Mitarbeiter ein wichtiges Asset und bringt im Umkehrschluss auch das gesamte Unternehmen voran.

LoB: Für welche Unternehmensbereiche bringen „mobile BI-Lösungen“ die größten Vorteile?
Häußermann: Zunächst einmal sind dies die naheliegenden Bereiche, die direkten Kundenkontakt haben und Insights direkt nutzen können. Klassische Beispiele sind hier Vertrieb und Service – vor Ort direkt Analytics wie Wettbewerbsanalysen einsetzen zu können, wird zu einem bedeutenden Differentiator.

Rainer Huttenloher

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