Business Intelligence und das Internet der Dinge Verschmelzung der digitalen und physischen Welt

3. Juni 2016

Bereits heute verbindet das Internet der Dinge (internet of Things, IoT) die digitale mit der physischen Welt und schließt die Lücke zwischen Informationssystemen und dem Umfeld. In der Vergangenheit gab es immer eine Kluft zwischen diesen beiden Bereichen, da Daten aus der physischen Welt sich nicht in IT-Systeme integrieren ließen. In der Regel wurden extern erfasste Werte erst im Nachhinein eingebunden – etwa im Rahmen einer Stapelverarbeitung oder durch manuelle Eingabe. Dieser Umstand machte eine Verwendung dieser Daten in Echtzeit unmöglich und schränkte die Chance ein, direkt auf Marktnachfragen oder betriebliche Ungewissheiten zu reagieren.

Echtzeitanforderungen

Mit dem Internet der Dinge ist es jetzt endlich möglich, Daten in Echtzeit zu integrieren: Miteinander verbundene Objekte werden direkt mit dem IT-System des Unternehmens verknüpft und sind sofort nutzbar. So erschließen sich zahllose neue Chancen für Unternehmen – vor allem im Bereich der Schaffung neuer Dienstleistungen.

Ein weiterer Aspekt: Bislang war das Produkt – insbesondere in Bezug auf seine Nutzung – der Kontrolle des Unternehmens entzogen, sobald es an den Kunden ausgeliefert wurde. Mit dem Internet der Dinge hingegen kann der Hersteller nicht nur die Kontrolle über sein Produkt behalten, sondern zudem Dienstleistungen und Services anbieten, die das Produkt ergänzen. So werden Schuhhändler zu Beratern in Sachen Sport oder Transportunternehmen zu Fachleuten für Mobilität.

Im Jahr 2010 waren etwa fünf Milliarden vernetzte Objekte registriert, im Jahr 2020 hingegen sollen es dagegen schon mehr als 80 Milliarden sein. Diese neue Situation wirkt sich auf alle Aktivitätsbereiche aus. Ganz besonders gilt dies für Produkthersteller, doch auch andere Sektoren wie Gesundheit, Handel und nichtfertigende Industrien sollten von dieser neuen Dynamik profitieren. In dieser Hinsicht ist beispielsweise die Landwirtschaft wegweisend, denn hier entstehen derzeit zahllose Innovationen, aus denen Unternehmen neue Erkenntnisse gewinnen.

Wertschöpfung

Quelle: Talend

Die Integration des Internet der Dinge mit dem Datensystem eines Unternehmens ist nicht nur eine Frage der Konnektivität. Es geht vielmehr darum, eine ganzheitliche Umgebung für die Auswertung von Daten vernetzter Objekte herzustellen und sich auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Diese Integration von Daten aus dem Internet der Dinge stellt dabei in dreierlei Hinsicht eine Herausforderung dar.

Zunächst einmal geht es darum, die neuen Datenquellen in die Bestandsdaten zu integrieren. Dabei wurde mittlerweile erkannt, dass der Hauptknackpunkt ein Mangel an Integration zwischen den verschiedenen Anwendungen ist, die im Internet der Dinge zum Einsatz kommen. Die Märkte für Smartwatches oder den intelligenten Haushalt etwa haben ein wesentlich geringeres Wachstum an den Tag gelegt als angenommen, doch liegt dies vor allem daran, dass der Mehrwert für den Kunden einfach zu gering ist. Erklären lässt sich dies durch das Fehlen einer Überschneidung zwischen den vom jeweiligen Gerät generierten und den bereits im IT-System des Unternehmens vorhandenen Daten (beispielsweise CRM-Daten).

Hier gibt es offenbar eine Fülle von Chancen. So hat beispielsweise Air France mitgeteilt, dass sich durch eine Verwendung von „nur“ 24.000 der 300.000 Sensoren, die in den meisten modernen Flugzeugen (wie etwa dem Airbus A380) verbaut sind, ein erheblicher Effizienzgewinn verzeichnen ließ. Die Fluggesellschaft hat mittlerweile erhebliche Vorteile bei Reparaturen wie auch präventiver Instandhaltung erzielen können. So hat sich z. B. die Erkennungsdauer bei Fehlfunktionen von fünf Stunden auf fünf Minuten verringern lassen. Man stelle sich nur einmal vor, welche Chancen eine Verwendung aller Sensoren bieten würde.

GE Power – einer der Pioniere im Bereich der industriellen Datenanalyse – schätzt, dass bislang nur zwei Prozent der Daten analysiert werden, die das Unternehmen beim Betrieb seiner Turbinen gewinnt. Dies veranschaulicht, welches Potenzial auch bei den fortschrittlichsten Unternehmen noch vorhanden ist. Blickt man schließlich einmal über den Tellerrand produktbezogener Informationen hinaus, dann sieht man beispielsweise, dass die französische Eisenbahngesellschaft SNCF ihr OUIGO-Angebot in Kombination mit einer Vielzahl von Mehrwertdiensten anbietet. Bei Verspätung eines Zugs etwa werden Taxi und Hotel automatisch benachrichtigt.

Zweitens sollten Daten aus dem Internet der Dinge mit den Anwendungen des Unternehmens vernetzt werden, sodass Handlungen in Echtzeit eingeleitet werden können. In der Vergangenheit wurde der Wasserverbrauch in den Haushalten in regelmäßigen Abständen manuell abgelesen; heute jedoch lässt er sich dank Smart Meters in Echtzeit erfassen. So sind beispielsweise Lecks schneller zu erkennen. Die Herausforderung beim Verknüpfen dieser Daten mit den Anwendungen liegt in der Schaffung eines Mehrwerts. Dieser kann etwa im Melden von Lecks, in Leistungsoptimierungen oder der Erkennung gesperrter Sensoren bestehen. Nach diesem Prinzip optimiert General Electric das Management seiner Windturbinen durch Einbeziehung vieler unterschiedlicher Daten (auch der Wetterbedingungen). Anders als Air France, die auf den Stapelbetrieb setzen, werden Daten hier in Echtzeit integriert und auf unterschiedlichste Weise bearbeitet und ausgewertet.

Ein letzter wesentlicher Faktor ist die Intelligenz. Hierzu werden die analytische Dimension und das so genannte Machine Learning in die Geräte integriert. Technologien wie Apache Spark ermöglichen nun eine Analyse und Verwaltung von Daten im Streaming-Modus, also in Echtzeit. So gewinnen Unternehmen nützliches Wissen. m2ocity etwa war ursprünglich eine Abrechnungsplattform. Heute jedoch handelt es sich um einen führenden Anbieter von Mehrwertdiensten, der Verbraucher mit nützlichen Ratschlägen und der Erkennung von Fehlfunktionen darin unterstützt, Wasser und Heizkosten zu sparen. Die Nutzung und Analyse von Big Data aus dem Internet der Dinge helfen bei der Entwicklung von Techniken, die Prognosen und Verbindlichkeit miteinander kombinieren.

Erfahrungen nutzen

Harald Weimer ist Geschäftsführer der Talend Deutschland GmbH; Quelle: Talend

Die Erfahrungen von Unternehmen in der industriellen Instandhaltung legen nahe, dass es drastische Entwicklungschancen auch in anderen Bereichen gibt. Ein Beispiel ist das Gesundheitswesen. Die Integration von Daten aus vernetzten Objekten mit Patientendaten sollte eine frühzeitige Erkennung potenzieller Probleme ermöglichen. Ein gutes Beispiel für mögliche Fortschritte ist der vernetzte Herzschrittmacher: Von ihm könnten wir schon in naher Zukunft profitieren.

Nun müssen wir uns auch mit Fragen des Datenbesitzes befassen. Big Player aus dem Landwirtschaftsbereich – namentlich Monsanto und John Deere – sind bereits seit einiger Zeit auf Big Data spezialisiert. Und allmählich erkennen die Landwirte die Risiken, die mit einer ausschließlichen Zusammenarbeit mit diesen Konzernen einhergehen: Wenn sie die Nutzung ihrer Daten delegieren, dann besteht die Gefahr, dass sie die Kontrolle über die weitere Entwicklung verlieren. Auch im Luftfahrt- und im Gesundheitswesen ist dieses Problem bekannt. Ähnlich wie die aktuellen Debatten über die Berufsbilder von Marketing- und Werbefachleuten werden auch diese Branchen nicht in der Lage sein, eine umfassende Diskussion über die Datenbesitzverhältnisse anzustoßen.

Harald Weimer

ist Geschäftsführer der Talend Deutschland GmbH

Lesen Sie auch