ERP im Kontext hoher Innovationsgeschwindigkeit und Smarter Produktion Automatisierte Industrie-4.0-Produktion

29. November 2017

In der automatisierten Industrie 4.0-Produktion erfassen Sensoren die Mess– und Statusinformationen. Sie leiten die Daten über vernetzte Systeme weiter. Dinge kennen so heute ihre Bestimmung, ihren Zustand oder ihre Funktionsweise und sind in der Lage, untereinander zu kommunizieren. Dies eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, neuartige Geschäftsmodelle zu entwickeln, die hinter diesen smarten Produkten stehen. Ein horizontal wie auch vertikal integriertes ERP-System ist nötig, um die Daten in Echtzeit auszutauschen und die neuen Geschäftsmodelle abrechenbar zu machen. Die Kommunikation mit dem ERP-System, die bisher überwiegend über Menschen stattfindet, wird in Zukunft immer stärker auf Maschinen und IT-Systeme verlagert.

Schnelle IIoT-Datenverarbeitung

Im Bereich Industrial Internet of Things (IIoT), also in der Digitalisierung von Produkten und Anlagen, findet gerade eine Revolution statt. Unternehmen treten an, um neuartige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Doch dabei müssen die ERP-Umgebungen mitspielen – gefordert sind Infrastrukturen, bei denen die Kommunikation zwischen ERP-System und den Maschinen und IT-Systemen auf dem Shop-Floor eine hohe Bedeutung gewinnt.

Ein Beispiel für verzögerungsfreien Datenaustausch ist das Monitoring von Maschinen: Hier erfassen Sensoren laufend Kenngrößen wie Temperatur, Geräusche, Drehzahl oder Verfärbungen. Dies erlaubt das zeitnahe Eingreifen, wenn bestimmte Schwellwerte über- oder unterschritten werden. Etwa wenn die Maschine zu stark vibriert oder das Werkzeug zu heiß wird. Verknüpft man die aktuellen Statusdaten mit Werten zu vergangenen Maschinenausfällen, lastabhängigen Zuverlässigkeitsanalysen und Verschleißmodellen, lassen sich aus den Echtzeitdaten schnell Fehleranalysen ziehen. So erstellt das ERP-System beispielsweise automatisch den nötigen Wartungsauftrag, sobald sich ein Verschleißproblem bei einer Maschine abzeichnet.

Je enger eine Produktion bereits getaktet ist, umso gravierender sind die potenziellen Folgen eines Maschinenausfalls. Auch hier hilft die enge Integration mit einer ERP-Lösung. Meldet eine Maschine den Status „Störung“, leitet die Software nachfolgende Aufträge auf Alternativressourcen um oder sie priorisiert weniger zeitkritische Aufträge zurück. Dies stellt Liefertermine sicher.

Kürzere Rüstzeiten

Um Durchlaufzeiten zu verkürzen, müssen Ausschussteile schnellstmöglich, zum Beispiel mittels Kamera, identifiziert und aussortiert werden. Die aussortierte Menge wird dann unmittelbar an das ERP-System gemeldet. Ist die Fehlerrate für einen Auftrag zu hoch, wird automatisiert ein neuer Arbeitsauftrag für die Restmenge erstellt. Ein Advanced Planning and Scheduling sorgt dann dafür, dass die nötigen Ressourcen bereitstehen, um noch termingetreu zu liefern.

Mit Hilfe von Echtzeitdaten lassen sich auch Rüstvorgänge minimieren. Dabei muss ein abgenutztes Werkzeug nicht zwingend sofort ausgetauscht werden. Es wird weiterproduziert, wenn die Produkte mit geringerer Qualität für einen anderen Auftrag verwendet werden können. Das ERP-System ermöglicht es, dieses Verhalten abzubilden, und plant die Reihenfolge der Aufträge entsprechend der gewünschten Qualität.

Das Sammeln von Detaildaten bringt nicht nur operative Vorteile bei der Produktivität. Denn je genauer die Kennzahlen die Realität widerspiegeln, umso präziser lassen sich Ansatzpunkte für weitere Prozessverbesserungen identifizieren. So unterstützen die Maschinendaten die Unternehmensführung, um langfristige Optimierungen solide zu planen und bessere Entscheidungen zu treffen.

Lizenzmodelle

Gunnar Schug ist Chief Technology Officer (CTO) bei proALPHA; Quelle: proALPHA

Zukünftige ERP-Lösungen müssen der hohen Innovationsgeschwindigkeit der mittelständischen Fertiger folgen. Dazu ist der Aufbau von Kunden- und Technologiepartnerschaften ein wesentlicher Erfolgsfaktor. ERP-Systeme werden daneben zunehmend über ein Ökosystem von Partnerlösungen verfügen. Damit werden Innovationen schneller für den fertigenden Mittelstand verfügbar.

Die Wertschöpfungskette von Industrie 4.0-Anwendungen erfordert auch ein Umdenken der ERP-Anbieter: Sie werden neue Abrechnungsmodelle entwickeln und sich vom althergebrachten Ansatz einer nutzerabhängigen Lizensierung lösen müssen. Es gilt, neue verbrauchsgetriebene Lizenzmodelle zu finden, denn künftig werden vor allem auch künstliche Anwender das ERP-System nutzen. Eine weitere Herausforderung, die auf die ERP-Anbieter zukommt: Software ist zunehmend nicht mehr entkoppelt von der Hardware-Welt in den Industrieunternehmen, wie es früher noch der Fall war.

ERP-Systeme besitzen schon heute einen Plattformcharakter als digitales Rückgrat der Produktion. Dabei geht es bei ERP nicht mehr darum, nur relativ starr kundenspezifische, funktionale Anforderungen zu unterstützen. Im Mittelpunkt moderner ERP-Lösungen steht ein hoher Integrationsgrad rund um ein sogenanntes Kern-ERP. Entscheidend ist die Vernetzung zwischen den drei Eckpfeilern Kundenmanagement, Produktions- und Materialwirtschaftsprozesse sowie Werteflüsse.

ERP-Anbieter werden dazu in bestimmten Bereichen noch mehr Kompetenzen aufbauen und ihre Lösungen breiter denken und gestalten, als dies in den letzten 15 Jahren der Fall war. Gelingt das, dann wird ERP zukünftig noch stärker zu einem zentralen Nervensystem, das aufeinander abgestimmte IT-Prozesse über das Produktdesign, die Produktion bis hinein in den gesamten Aftersales-und Produktservice-Bereich steuert.

Gunnar Schug

ist Chief Technology Officer (CTO) bei proALPHA.

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