Procurement-Studie: Neue Aufgaben und alte HürdenBeschaffung am Scheideweg

25. Oktober 2018

Allzu lang wurde der Erfolg des Einkaufs primär anhand von Kostensenkungen definiert. Es ging vor allem darum, den günstigsten Lieferanten zu finden. Mit dem zunehmenden, weltweiten Marktdruck wächst dem Einkauf im Unternehmen eine neue, wesentlich strategischere Aufgabe zu. Denn das ganze Unternehmen ist gefordert, den Kunden stärker in den Fokus zu rücken oder bei unternehmensweiten Digitalisierungsinitiativen mitzuwirken. Wie eine aktuelle Forrester Studie zeigt, fühlen sich Einkaufsmanager dazu allerdings nicht ausreichend in der Lage. Die Studie deckte drei wesentliche Hürden auf, die dem Einkauf ein strategischeres Arbeiten erschweren –Aufgabenstellungen, die sich mit praxiserprobten Technologien in den Griff bekommen lassen.

40 Prozent der befragten Einkäufer beklagten, sie hätten nicht ausreichend Zeit für strategische Aufgaben. Ihr Tag sei bestimmt von manuellen beziehungsweise operativen Aufgaben wie dem Rechnungsabgleich mit Bestellungen und Verträgen. Viel Zeit erfordert auch das Überprüfen von Risiken in der Supply Chain. Denn die stärkere Abhängigkeit von Lieferanten gepaart mit komplexeren, globalen Lieferketten macht es immer schwieriger und aufwändiger, Probleme rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Laut Studie befassen sich viele Einkäufer auch intensiv mit Compliance-Aufgaben wie der EU-DSGVO. Sie erfordert wie viele Vorschriften auch die Einbeziehung der Lieferanten.

Diese Herausforderungen gilt es, aktiv anzugehen. Sie lassen sich mit einer Überarbeitung der Prozesse und einer weitgehenden Automatisierung der Routineaufgaben bewältigen. Dazu gehört beispielsweise, den vollständigen Sourcing-Zyklus einschließlich aller Projekte, Auktionen und Anfragen zentral zu managen, mit allen erforderlichen Dokumenten und Ausschreibungen an einem Ort. Eine unternehmensweite Source-to-Pay-Plattform macht zudem den Status sämtlicher Bestellungen für die Einkäufer sowie für ihre internen Stakeholder nachvollziehbar: Das erspart Rückfragen. Außerdem kann eine Plattform Einkäufer so durch den Beschaffungsprozess leiten, dass Best Practices umgesetzt werden und sie genau das finden, was sie brauchen.

Flexible Workflows helfen zudem, die Abläufe nach den Anforderungen eines Unternehmens zu standardisieren und zu lenken. So gelingt es, ganz automatisch Vorgaben einzuhalten, wie beispielsweise die Beschaffung bei bevorzugten Lieferanten. Weil diese Regeln im Workflow bereits integriert sind, entfallen zeitintensive, manuelle Prüfungen. Auch Eingangsrechnungen lassen sich mit einer Source-to-Pay-Plattform schneller verarbeiten, ganz ohne manuelles Eingreifen. Durch einen automatisierten Abgleich der Belege mit den Bestellungen erzielen Unternehmen kürzere Durchlaufzeiten und einen höheren Durchsatz. Der Einkauf gewinnt dadurch wertvolle Zeit für strategische Aufgaben.

Mehr und bessere Daten

40 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, sie hätten nicht genügend relevante Informationen. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Eine auf mehrere Datenbanken verteilte Datenhaltung kann hierfür ebenso die Ursache sein wie das Fehlen von Informationen, die für die Entscheidungsfindung wesentlich sind. Auf dem Markt gibt es eine ganze Reihe externe Datenbanken, die bestimmte Risiken aus der Supply Chain transparent machen. Lösungen für das Supplier Risk and Performance Management führen diese mit den eigenen Daten zusammen und generieren mit einem Mausklick wertvolle Einblicke. Integrierte Aktionspläne, flexible Umfragen und andere Funktionalitäten ermöglichen das schnelle Sammeln von Informationen. Sie helfen außerdem, Mängel zu beseitigen und machen Maßnahmen überprüf- und messbar. Führende Unternehmen gehen sogar noch über eine solche passive Risikobewertung hinaus. Sie helfen ihren Lieferanten proaktiv, Risiken zu minimieren, indem sie zum Beispiel über Cyber-Sicherheitsbedrohungen informieren.

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Quelle: Ivalua

Ebenso viele Studienteilnehmer beklagten fehlerhafte oder unvollständige Daten als ein wesentliches Hindernis für strategisch wichtige Entscheidungen. Besonders viele kämpfen damit, dass für ein und denselben Lieferanten mehrere Datensätze mit unterschiedlichen Informationen existieren. Sie beklagten auch doppelte Einträge in den Lieferanten- und Teilestämmen. Hier hilft nur ein einheitliches Datenmodell gepaart mit Master Data Management, um die Datenqualität zu steigern. Integrierte Suiten mit einem einheitlichen Datenmodell erzeugen von Beginn an sauberere Daten. Darüber hinaus gibt es Lösungen für das Stammdatenmanagement, die Probleme in Backend-Systemen beheben können, zum Beispiel durch die Bereinigung und Normierung von Lieferantendatensätzen.

Beschaffungsmanager, die smart und erfolgreich arbeiten und dabei auf Analytik und Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) setzen, kümmern sich nicht nur um die Implementierung neuer Technologien. Sie richten ihre Aufmerksamkeit auch intensiv auf die Datenqualität. Denn sie legt den Grundstein für leistungsfähige KI-Anwendungen.

Echte Systemintegration

Auf die Frage was sie daran hindere, ihre vorrangigen Aufgaben anzugehen, führte die Mehrheit der Befragten technische Gründe ins Feld. Sie sahen in schlecht integrierter Software (50 Prozent) sowie in unzureichenden ERP-Systemen (49 Prozent) einen wesentlichen Hinderungsgrund. Um erstklassige Software in allen Disziplinen des Einkaufs einzusetzen, führte in der Vergangenheit tatsächlich kein Weg am sogenannten Best-of-Breed-Ansatz mit einem Mix von Lösungen verschiedenster Hersteller vorbei. Heute befinden sich jedoch integrierte Software-Suites am Markt, deren Funktionalität in allen Aspekten des Einkaufs von führenden Marktforschungsunternehmen geprüft und als erstklassig eingestuft wird.

Sie bieten Module für Lieferantenmanagement, Sourcing, Vertrags- und Katalogmanagement, Procurement, Rechnungsbearbeitung sowie Funktionalitäten für strategische Planung und Analytics. Sie lassen sich binnen weniger Wochen implementieren und können gleich mehrere Silo-Anwendungen ersetzen. Wobei Unternehmen durch den modularen Ansatz selbst bestimmen können, welche Best-of-Breed-Lösungen im Einkauf sie zuerst ersetzen wollen. Um die Suites in die bestehende IT-Architektur zu integrieren, bieten Hersteller eine Vielzahl fertiger Konnektoren an. Die Hürde einer mangelhaften Integration lässt sich somit einfach beseitigen. Dies gilt auch für Cloud-basierte Lösungen.

Der Wechsel zu Lösungen für das Einkaufsmanagement aus der Cloud bietet Unternehmen viele Vorteile. Die meisten dieser Anwendungen sind jedoch nicht flexibel genug. Sie zwingen Unternehmen dazu, ihre Prozesse an die Software anzupassen. Gravierender noch: Sie lassen bei erneuten, veränderten Anforderungen so gut wie keinen Spielraum. Jede implementierte Lösung sollte in der Lage sein, sich ändernde und unvorhergesehene Anforderungen zu erfüllen. Unternehmen, die sich auf die Suche nach neuen Systemen machen, sollten daher darauf achten, dass ihre neue Cloud-Suite die nötige Agilität und Integrationsfähigkeit mitbringt.

Die von der Studie identifizierten Hürden lassen sich nicht über Nacht beseitigen. Aber Procurement-Manager müssen sich diesen Themen stellen und sie anpacken, wenn ihr Bereich bei den aktuellen und zukünftigen strategischen Weichenstellungen eine Rolle spielen soll. Sie stehen jetzt am Scheideweg.

Franck Lheureux ist General Manager EMEA bei Ivalua

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