Anforderungen sind erweiterbar, konfigurierbar und intelligent:Der Königsweg zur modernen Lagerverwaltung

5. Mai 2023

Hoher Servicegrad bei gleichzeitig niedriger Kapitalbindung: In diesem Spannungsfeld steht die Lagerverwaltung. Denn schnelle Lieferungen benötigen hohe Bestände, aber diese binden wiederum viel Kapital. Ein leistungsstarkes Warehouse-Management-System (WMS), die Lagerverwaltung, kann Unternehmen bei der Logistik vom Wareneingang bis zum Versand unterstützen, hier den Mittelweg zu finden. Die Voraussetzung: Das Tool kann mehr als Buchungsmasken zur Verfügung stellen.

Auch im digitalen Zeitalter gibt es noch Unternehmen, die ihre Lagerverwaltung mit einer Tabellenkalkulation abbilden. In manchen Fällen ist dies auch ausreichend, zum Beispiel, wenn nur ein einfaches Vollpaletten-Geschäft abgewickelt werden muss. Dies erfordert lediglich die reine Ein- und Ausbuchung der Paletten und stellt keine großen logistischen Anforderungen an die Lagerverwaltung.

In zahlreichen Firmen wird aber eine Kommissionierung notwendig: Hier werden die Paletten mit Ware nicht vollständig ein- und ausgelagert, sondern – etwa im B2C Geschäft – für den Versand in Pakete verpackt. Diese Kommissionierung muss abgebildet werden können, ebenso Versand, Strategien und Nachschub. Die Komplexität der Abläufe ist mit Excel längst nicht mehr zu erfassen und macht ein Lagerverwaltungs-Tool notwendig.

Nun besitzen viele ERP-Lösungen zwar eine eigene Lagerverwaltung, stoßen aber bei Nachschub- oder Kommissionier-Prozessen schnell an ihre Grenzen, etwa, wenn ein Artikel auf zwei Plätzen lagern soll. Wieder andere Lösungen haben ihre besten Zeiten hinter sich – Softwarehersteller sind vom Markt verschwunden oder bieten zumindest keine Updates mehr an. In allen Fällen stellt sich nun die Frage, was eine zeitgemäße Lagerverwaltung leisten muss, um alle Prozesse abzubilden.

Moderne Softwarearchitektur

Es gibt einige große Software-Tools für die Lagerhaltung: Ihre Entwicklung wurde oftmals bereits vor rund 20 Jahren begonnen und über die Zeit ist ein großer Funktionsumfang entstanden. Das Problem: Bedingt durch die Historie basieren diese Tools auf alten Programmiersprachen bzw. alter Technologie, was ihre Möglichkeiten einschränkt. Die Programmierung zum Beispiel stößt bei neuen Funktionalitäten an ihre Grenzen: Web-API-Schnittstellen sind nur schwer oder über Umwege anzusprechen, was Zeit und Geld kostet.

Ein Software-Tool der Lagerverwaltung, das auf Basis neuster IT-Standards programmiert wurde, bietet hier einen deutlichen Technologievorsprung. Die Nutzeroberfläche kann zum Beispiel übersichtlicher gestaltet werden – indem sie sich im Design an die bekannten Oberflächen von Websites oder Apps anlehnt. Eine moderne Softwarearchitektur erlaubt es zudem, Fremdsysteme wie Buchhaltung, Produktion oder Transport anzusprechen und in die Prozesse zu integrieren, so dass ein ungebrochener Workflow entstehen kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den Unternehmen berücksichtigen sollten: Die Lösung sollte Cloud- und idealerweise webbasiert sein. Weder ist so eine lokale Installation notwendig noch eine App auf mobilen Endgeräten: Die Anwendung wird im Internetbrowser geöffnet – mit jedem Gerät, das eine Internetverbindung hat. Die Software ist damit, unabhängig vom Endgerät wie PC, Smartphone oder Tablet, die gleiche und unterscheidet sich weder in Funktion noch Benutzeroberfläche. Responsive Design optimiert die mobilen Ansichten.

Zwar sind auch die älteren Tools der Lagerverwaltung in der Regel mobilfähig, so dass die Picker im Lager an den Regalen damit arbeiten können. Allerdings sind dann zwei Softwareversionen notwendig – für den PC und das mobile Endgerät. Entsprechend müssen mehr Systeme gewartet und gepflegt werden, was erneut unnötig Ressourcen bindet.

Eine Cloud-Lösung birgt darüber hinaus den Vorteil, dass das Unternehmen die Hardware nicht selbst kaufen, warten und betreuen muss – es kann sie stattdessen einfach mieten. Und nicht zuletzt bietet eine moderne Datenbanktechnik geringe Zugriffszeiten und niedrige Ladezeiten, was ebenfalls den Prozessen zugutekommt.

Intelligente Prozessunterstützung

Ein Lagermanagement-Tool sollte die Prozesse und Aufgaben intelligent unterstützen und in der Lage sein, die verschiedenen Lagersysteme wie Hochregal, Blockleger, Collis-Durchlaufregal, Durchlaufkanal und Fachboden abzubilden. Eine wichtige Rolle kommt hier der Visualisierung zu: Können Dimensionen dargestellt werden, zum Beispiel auch in Draufsicht wie bei einem Tablar, und kann das eigene Lagerlayout visuell hinterlegt werden, wird die gesamte Halle bis zum letzten Regalmeter erfasst.

Darüber hinaus muss die Verwaltung der verschiedenen Verpackungsstufen und -einheiten und deren Einbindung in den Kommissionier-Dialog möglich sein. So sind die Mitarbeiter sofort informiert, welche Einheiten sie für das Paket entnehmen müssen. Das Tool führt den Mitarbeiter via Smartphone auf dem kürzesten Weg zum richtigen Lagerplatz.

Eine wichtige Funktion ist die klare Anordnung der Aufträge auf der Nutzeroberfläche. Hierbei können Bilder der zu verpackenden Artikel optische Hilfestellungen bieten. Mit dem Scan wird der nächste Auftrag automatisch aufgerufen. So kann Fehlgriffen und Verwechslungen vorgebeugt und der Workflow optimiert werden. Auch der Versand kann softwaregestützt erfolgen – etwa mit der Überprüfung von Soll- und Ist-Maßen sowie Gewicht der gepackten Pakete.

Eine intelligente Suchfunktion nach allen Parametern hilft dabei, Artikel schnell lokalisieren zu können, was zum Beispiel in einem Ersatzteillager hilfreich ist. Und nicht zuletzt sollte das Tool die Bestandsdatenverwaltung erleichtern – nach Kriterien wie Menge, Status oder Charge.

Einfache Konfigurierbarkeit und Usability

Die User eines WMS sollten in der Lage sein, Anpassungen in den Prozessabläufen selbst vorzunehmen und nicht wegen jeder Änderung den Support des Anbieters hinzuziehen zu müssen. Idealerweise gibt es verschiedene Prozesse, aus denen der Kunde seinen optimalen Prozess für sich selbst auswählen kann.

Wichtig ist, dass Benutzerdialoge individuell eingestellt werden können: Irrelevante Menüs und Felder werden ausgeblendet, wichtige aktiviert – prozessindividuell, wie Checklisten beim Wareneingang. So bleibt das System übersichtlich, selbsterklärend und einfach zu bedienen. Aufwändige und teure Schulungen können entfallen.

Bei Bedarf sollte die Software auch in der Lage sein neben Deutsch und Englisch andere Sprachen abzubilden. Idealerweise ist sie dafür über eine Übersetzungsschnittstelle nach EU-Standard angebunden, so dass die neue Sprache in wenigen Wochen zur Verfügung steht.

Standard statt individueller Programmierung

Ein Standard-Tool, das etwa alle zwei Wochen upgedatet wird, ist empfehlenswerter als eine individuelle Programmierung. Es wird nicht speziell für den Kunden programmiert, stattdessen werden Standardprozesse im Unternehmen ausgerollt.

Das kann bedeuten, dass der Kunde die eigenen Abläufe etwas anpassen muss, bringt aber den Vorteil, dass die von der Software vorgegebenen Prozesse in der Praxis vielfach erprobt und bewährt sind. Neue Prozesse können außerdem gemeinsam mit dem Kunden und dem Hersteller im Standard schneller umgesetzt werden und die Standard Community partizipiert davon. Individuelle Softwarelösungen sind dagegen oft teurer in der Entwicklung und erhöhen die Abhängigkeit von externen Anbietern.

Erweiterbarkeit

Das Lagerverwaltungs-Tool sollte die entsprechenden Schnittstellen mitbringen, um einfach und flexibel erweiterbar zu sein. Die Web-API im JSON-Format erlaubt zum Beispiel einen einfachen Online-Informationsaustausch mit anderen Systemen – Daten können in- und exportiert werden.

Diese Erweiterbarkeit bedeutet für Unternehmen, sich an neue Prozessanforderungen anpassen und externe Systeme schnell anbinden zu können – seien es verschiedene Drucker oder der Paketzustelldienst, wenn aus dem Prozess heraus das Versandlabel angefordert werden kann.

Das gilt auch für Hardware wie Konturenmessgeräte, Waagen oder Videosysteme zur Massendatenerfassung. Roboterflotten werden über den Fleet Controller mit Transportaufträgen versorgt. Materialflussanlagen mit automatischen- oder vollautomatische Lagersystemen können prozesstechnisch integriert werden. Sie können aus der Software heraus angesteuert werden und empfangen von dort ihre Fahrbefehle.

Ein modernes Warehouse-Management-System sollte in erster Linie eine einfache und selbsterklärende Bedienoberfläche mitbringen. Auf diese Weise sind Mitarbeiter in der Lage, ohne große Einarbeitung das neue System zu nutzen. Es sollte darüber hinaus die Visualisierung des eigenen Lagersetups ermöglichen, genau wie die Nutzung der entsprechenden Standardprozesse für das Unternehmen.

Aus diesem Grund ist ein prozessualer Aufbau sinnvoll und empfehlenswert. Wichtig sind zu guter Letzt offene Standard-Schnittstellen, sodass das Warehouse-Management-System leicht an weitere Softwaresysteme angebunden werden kann. Die Verwendung von handelsüblicher IT-Hardware wie Scanner, Drucker, Handheld, Tablets und PCs mit WLAN oder GSM-Verbindung ist eine Vorrausetzung für die performante Online Nutzung des Systems.

Enrico Pojer ist Senior Consultant bei der Coglas GmbH.

Coglas GmbH

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